REUTLINGEN. Am 25. Mai, zum Abschluss des Festivals Kultur vom Rande, heißt es auf Plätzen in der Reutlinger Innenstadt und ganz besonders auf dem Marktplatz »Tanz auf allen Flächen«. »Wir hoffen, dass dann ganz Reutlingen mit uns tanzt«, sagte Markus Christ vom Festivalteam am Samstagabend im großen Saal des Theaters Die Tonne, wo mit der Aufführung des Stücks »Zug 2.0 – zwischen Erfurt und Wien« der letzte Vorbote des Festivals zu erleben war. Die inklusiv arbeitende Ich bin o.k. Dance Company war dafür aus Wien angereist. Sie hat bei dem Stück mit dem Tanztheater Erfurt kooperiert und wird auch beim »Tanz auf allen Flächen« für fachkundige Anleitung und tänzerischen Schwung sorgen.
Bei dem Festival (17. bis 25. Mai) übernehmen Projektpartner - das Theater Die Tonne, das Kulturzentrum franz.K und das Kunstmuseum Reutlingen - als etablierte Institutionen tragende Rollen. Hinzu kommen Kooperationspartner wie das Living Museum Alb, die Reutlinger Stadtbibliothek und die Württembergische Philharmonie.
Munteres Hände-Ballett
In dem von Daniela Backhaus und Attila Zanin choreografierten Stück nahmen die Tänzerinnen und Tänzer Aurora Fradella, Johanna Ortmayr, Michaela Kortus, Rodrigo Opazo Castro, Niklas Kern, Raphael Kadrnoska und Christine Kortschak das Publikum mit in die Welt des Reisens. Ausgehend von Schwarz-Weiß-Fotografien aus Erfurt und Wien - Bildern von Wahrzeichen, Straßenaufnahmen, Familienaufnahmen, auch einfache Schnappschüssen - übersetzten sie ihre Eindrücke in Bewegung, so etwa einen Tanz mit Wasserflasche in der Hand um die eigene Achse. Episoden entstanden, assoziativ gereiht, das Unterwegssein und Verweilen, das Warten, Sich-auf-den-Weg-machen zeigend. Auch das Suchen nach Orientierung bei Verspätungen oder Gleiswechseln auf dem Bahnhof. Da war plötzlich eine Zeitung mit vier Beinen unterwegs, die Leserinnen dahinter verhüllend. Bald schon sah man zwei Tänzerinnen aus der gemeinsamen Mitte heraus ein munteres Hände-Ballett aufführen. Ein Bettler wurde mit einer Blume beglückt.
Das Motiv der Blume tauchte später wieder auf, als im Zug die Schaffnerin kam und statt Fahrkarten, von keinem hinterfragt, Blumen abknipste. Mit Sand gefüllte Flaschen hinter sich herziehend, schufen die Tänzerinnen und Tänzer ein Bild, das an das Nebeneinander im Bahnhof verkehrender Züge erinnerte.
Das Finale hallt nach
Auch teils futuristisch anmutende Architektur übersetzten die Akteure in Bewegung - zur Musik von Miron Raczka, die den Abend mit treibenden Rhythmen oder elegischen Klängen strukturierte. Spannend wurde der Tanz vor allem, wenn innere Welten zum Ausdruck kamen. Erinnerungen, schmerzliche und freudige Erfahrungen, Träume. Da wurde es hochexpressiv, versonnen und inspirierend. In dieser Hinsicht hallte nicht zuletzt das Finale lange nach. (GEA)