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Von Rebhuhn, Wildschwein und Wolf: Reutlinger Tierarzt hat Buch geschrieben

Erlebnisse und Anekdoten: Der Reutlinger Tierarzt und Jäger Horst Lengnick hat ein kurzweiliges Buch geschrieben.

Horst Lengnick: Ist Jagen mehr als Schießen? 176 Seiten, 24,90 Euro, Nordwest Media Verlagsgesellschaft, Grevesmühlen.
Horst Lengnick: Ist Jagen mehr als Schießen? 176 Seiten, 24,90 Euro, Nordwest Media Verlagsgesellschaft, Grevesmühlen. Foto: GEA allgemein Gea
Horst Lengnick: Ist Jagen mehr als Schießen? 176 Seiten, 24,90 Euro, Nordwest Media Verlagsgesellschaft, Grevesmühlen.
Foto: GEA allgemein Gea

REUTLINGEN. Schon wieder ein Buch über die Jagd – und womöglich wieder eines, in dem das Jagen gerechtfertigt werden soll? Nein, der Reutlinger Tierarzt und passionierte Jäger Horst Lengnick hat hier seine ganz persönlichen Erinnerungen aufgeschrieben. Seit seiner Jägerprüfung 1964 hatte er Tagebuch geführt – und profitierte nun von darin notierten Anekdoten und Erlebnissen.

Ganz nebenbei erfährt der Leser – wie der Titel des Buches »Ist Jagen mehr als Schießen?« schon verrät – viele Einzelheiten über die Jagd und ihren Sinn und natürlich etwas über den Lebensweg des Autors, über seine Familie, die Jägerei, Füchse, Rehe, Wildschweine, über Jagdhunde und den Versuch, im Kreis Reutlingen Rebhühner wieder anzusiedeln. Und darüber, wie es sich miteinander verträgt, Tierarzt und gleichzeitig Jäger zu sein.

Der DDR den Rücken gekehrt

Horst Lengnick war vier Wochen alt, als die Eltern und Großeltern mit ihm und dem zwei Jahre älteren Bruder am Ende des Krieges den Gutshof in Ostpreußen verließen und nach Westen flüchteten. In der Magdeburger Börde in der russischen Besatzungszone begann der Wiederaufbau auf einem zugeteiltem Stück Land. Die Jägerei bekam er schon sehr früh bei seinem Vater mit. Sein erstes Gewehr war ein Luftgewehr.

Dann kamen in der DDR zunehmend die Schwierigkeiten mit Zwangskollektivierung, der sich sein Vater verweigerte, und dass seinem Sohn Horst daraufhin der Zugang zur Oberschule und damit zu Abi und Studium versperrt wurde. Die Familie kehrte der DDR noch vor dem Mauerbau den Rücken und landete zunächst in Schwabach bei Nürnberg, wo es Verwandte gab. Zahlreiche Anekdoten knüpfen sich daran – und erste richtige Jagderlebnisse mit dem Onkel.

Lengnick hatte immer mit Tieren zu tun und liebte sie. Er studierte Tiermedizin, weil Landwirt ohne Grund und Boden nicht infrage kam. Gegen Ende des Studiums lernte er seine Frau Herlinde kennen, ebenfalls Tierärztin und gleichfalls Jägerin, sowie ihren Rauhaardackel Racker. Ihre Liebe zu den Dackeln blieb zeitlebens, Harald Lengnick mochte vor allem die Kleinen Münsterländer. Anfang 1975 ließen sich Harald und Herlinde Lengnick in Reutlingen nieder und gründeten hier die erste Kleintierpraxis. Noch heute hat sie einen Dackel und er einen KLM, einen Kleinen Münsterländer.

Wer auf angenehme, kurzweilige Art etwas über die Jagd und ihre Eigenheiten, über Drück- und Treibjagd erfahren möchte, dem sei dieses Buch ans Herz gelegt. Auch darum, weil Lengnick darin die jahrelangen, leider am Ende doch vergeblichen Bemühungen schildert, im Kreis Reutlingen wieder Rebhühner anzusiedeln. Und wie der Klimawandel auch Einfluss auf die Fauna in unseren Breiten hat. Jäger sind nah dran, sie registrieren die Einflüsse, sie sehen, welche Auswirkungen die zunehmenden Wetterkapriolen beispielsweise auf die Vogelbrut haben. Aber auch, wie sich das Überhandnehmen des Raubzeugs, also von Fuchs oder Marder, auf den Niederwildbestand auswirkt.

1983 gründete Lengnick zusammen mit drei Dutzend Jagdpächtern die erste Rebhuhn-Hegemeinschaft, die 14 Jagdreviere auf 4.000 Hektar im Reutlinger Nordraum umfasste. Ziel war es, die schwindenden Rebhuhnbestände zu stabilisieren, zu erhalten und zu vermehren. Dabei waren sie auch auf die Zusammenarbeit mit den Landwirten angewiesen. Aufwendig wurden Rebhühner in Volieren überwintert, aufgezüchtet – unter anderem mussten Rebhuhneier Zwerghühnern untergeschoben werden –, doch letztlich verhinderten vor allem intensive Landwirtschaft und zu wenig renaturierte Flächen einen nachhaltigen Erfolg.

Jagdsteuer für die Renaturierung

»Es ist sicher ein Wunschtraum«, schreibt der Autor in dem Buch, »wenn wir sagen, dass mindestens fünf Prozent der Feldgemarkungen dem Niederwild als chemisch unbehandelter Lebensraum zur Verfügung stehen sollte. Das kostet viel Geld. Und woher nehmen?«. Horst Legnick fände es daher eine sinnvolle Verwendung, wenn die Jagdsteuer zurückflösse und nur für Renaturierungs- und Biotopverbesserungsmaßnahmen verwendet würde.

Lengnick schwärmt von den Hunden und erzählt einige lustige, spannende und auch traurige Geschichten. Zum Beispiel die Anekdote vom Rauhaardackel Krümel, der zum Leidwesen der Lengnicks leider keinen Fuchsbau ausließ. So war der Autor mit Krümel und KLM Ronja Mitte Dezember im Revier. Es hatte Neuschnee gegeben und bei der Rückkehr war Krümel weg. Das Zurückverfolgen seiner Spur bis ins Nachbarrevier brachte kein Ergebnis.

So vergingen Weihnachten und Neujahr. »Wir sind täglich im Revier, geben die Hoffnung nicht auf.« Dann, am 19. Tag findet er unter dem Hochsitz zwei Lagerstellen und im Schnee am Fahrweg einen dunklen Fleck, der sich bewegt. Es ist Krümel, völlig abgemagert, taumelnd, unterkühlt. Er war wohl in einem Dachsbau steckengeblieben, ohne Futter und Wasser. Dass er wiederaufgetaucht war, ist ein kleines Wunder. Sie päppelten ihn wieder auf.

Viele dürfte auch die Frage beschäftigen, wie er es denn mit der Ansiedlung des Wolfes in Deutschland hält. Lengnick nennt das im dicht besiedelten Deutschland falsch. Dass sich der Wolf in Deutschland »wie der Hecht im Karpfenteich benimmt, übersieht man, weil die ›Wolfskuschler‹ Scheuklappen aufhaben.« Als absoluter Fleischfresser begnüge sich der Wolf nicht mit Wildtieren. Was Lengnick in dem Zusammenhang am meisten bewegt, sei die Tatsache, dass die Nutztiere, die zahme Haustiere sind, aus den Koppeln nicht flüchten könnten, wenn der Wolf kommt. Der Autor hält es für falsch, dass der Wolf so großen »politischen« Schutz erhalte. Seiner Meinung nach kommt man an der Bejagung des Wolfes nicht vorbei. (GEA)