Mit »Carmina Burana« hat die Capella Reutlingen eingekreist: Im Herbst waren Aufführungen in Dettingen und Worms, jetzt kürzlich war eine in Besigheim. Zwei von drei Aufführungen waren mit Klavier und Schlagzeug; am Sonntag nun präsentiert man Orffs Vertonung spätmittelalterlicher Vagantenverse gemeinsam mit der Württembergischen Philharmonie.
80 Mitglieder der Capella werden dann auf der Bühne stehen, Sänger von Bonaths Wormser Ensemble Paulinum und in zwei Stücken die Jüngsten der Capella als Kinderchor – im Ganzen über hundert Sänger. Als Solisten hat man sich namhafte Verstärkung gesichert: Der Spanier Joaquin Asiain sei als einer der wenigen Tenöre in der Lage, die Partie des Schwans bis zum hohen D im vollen Brustregister zu singen, schwärmt Bonath. So habe Orff es gewünscht.
Tatsächlich seien Asiains Künste in der hochvirtuosen Partie des gebratenen Schwans am Spieß so selten, dass er von einer »Carmina«-Produktion zur nächsten reise. »Allein dieses Jahr wird er dreißig Mal ›gebraten‹«, schmunzelt Bonath. Mit Thomas Berau (Bariton) vom Nationaltheater Mannheim und der Capella-Stimmbildnerin Susan Eitrich (Sopran) hat man weitere prominente Solisten.
Für ihre CD-Aufnahme waren die Capella-Sänger am Faschingswochenende zu Gast in der Münsinger Martinskirche. Bonath lobt die unbürokratische Zusammenarbeit mit dem dortigen Kantor Stefan Lust – und die Stille im Aufnahmeraum. Welch ein Glück, dass die Münsinger Narrengruppen an diesen Tagen offenbar auswärts feierten.
Singförderprojekt an Schulen
Die neue Capella-CD soll nach Ostern erscheinen und »Singe, Seele« heißen – nach einer der deutschen Arien von Georg Friedrich Händel. Vier der neun Arien sind hier verewigt, Solist ist Capella-Eigengewächs Jan Jerlitschtka – er hat bereits im Weihnachtsoratorium das Publikum bezaubert.Als weitere Besonderheit hat man einen sechsteiligen Zyklus geistlicher Lieder des Mendelssohn-Zeitgenossen und Leipziger Thomaskantors Moritz Hauptmann eingespielt. Vier der sechs Lieder sind Bonath zufolge zum ersten Mal überhaupt aufgenommen.
»Es klingt wie Mendelssohn«, versichert Bonath, der von Hauptmanns Musik sehr angetan ist. Barocksätze von Heinrich Schütz, Johann Bach, Johann Christoph Bach, Andreas Hammerschmidt und Johann Heinrich Rolle runden die Platte ab, eingesungen historisch korrekt in kleinerer Besetzung von drei bis vier Sängern pro Stimme.
Auf die Einladungen in die Leipziger Thomaskirche und die Dresdner Kreuzkirche ist Bonath stolz: »Das ist eine große Auszeichnung für uns.« Zumal die Capella bei ihrem Leipziger Auftritt am 16. Oktober keinen geringeren als den berühmten Thomanerchor in seiner angestammten Konzertreihe, der »Motette«, vertritt. Ehe man am 17. Oktober die Dresdner Reihe »Kreuzvesper« bereichert und am Morgen darauf noch im Gottesdienst an der Kreuzkirche mitwirkt.
Was die neue Mädchenarbeit betrifft, so probt inzwischen bereits ein Chor aus etwa 15 Kindern der ersten und zweiten Klasse. Dieser Tage startet nun das Capella-Singförderprojekt an den Reutlinger Schulen – Kinder, die dabei durch ihre besondere Singbegabung auffallen, will Bonath dann zur Capella einladen. Auf diese Weise dürfte die Mädchensparte der Capella schnell anwachsen. (GEA)