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Trauer und Hoffnung: Südwestdeutscher Kammerchor in Reutlinger Kirche St. Wolfgang

Der Südwestdeutsche Kammerchor Tübingen präsentierte in der Reutlinger Kirche St. Wolfgang unter der Leitung von Judith Mohr ein Programm mit Werken, die als Thema die Trauer Davids über den Tod seines Sohnes Absolom hatten.

Der Südwestdeutsche Kammerchor Tübingen unter der Leitung von Judith Mohr sang Werke zur Passionszeit.
Der Südwestdeutsche Kammerchor Tübingen unter der Leitung von Judith Mohr sang Werke zur Passionszeit. Foto: Verena Völker
Der Südwestdeutsche Kammerchor Tübingen unter der Leitung von Judith Mohr sang Werke zur Passionszeit.
Foto: Verena Völker

REUTLINGEN. Der Tod des eigenen Kindes ist wohl das Schlimmste, was Eltern passieren kann. So ergeht es dem biblischen König David. Absolom plant, seinen Vater zu stürzen, und wird von einem Hauptmann seines Vaters getötet. Als David die Nachricht vom Tod seines Sohnes erreicht, zieht er sich in seine Turmzimmer zurück und trauert. Davids Verzweiflung wird in verschiedenen Kompositionen sowohl in der Renaissance als auch von zeitgenössischen Komponisten als Grundlage genommen. Passend zur Passionszeit führte der Südwestdeutsche Kammerchor Tübingen sein Programm »When David heard …« in der Reutlinger Kirche St. Wolfgang auf.

Die Trauer des Königs David kommt in den Werken in unterschiedlichster Weise zum Ausdruck. Mal sind es klagende Wehlaute, die einen ruhigen Klangteppich zu durchschneiden scheinen, dann wieder sanfte Klänge, die trotz der traurigen Thematik das Gottvertrauen und die Zuversicht Davids spüren lassen. Den Einstieg des Programms bildete »When David heard …« des englischen Renaissance-Komponisten Thomas Weelkes. Noch zweimal mehr stand dieser Text als Vertonungen von Thomas Tomkins (1572-1656) und des zeitgenössischen Komponisten Eric Whitacre auf dem Programm. Der Chor bewies große Sicherheit in allen Stilrichtungen. Sowohl sechsstimmige Motetten, die ausgewogen und leicht klangen, als auch Werke zeitgenössischer Komponisten, die herkömmliche Hörgewohnheiten herausfordern, präsentierte der Chor sicher und selbstbewusst.

Emotionale Nuancen

Besonders eindrucksvoll wurde Davids Trauer in der Vertonung von Eric Whitacre dargeboten. Der Chor meisterte die dissonanten Klänge und komplexen Strukturen mit Souveränität und hielt die Spannung während des gesamten Stücks aufrecht. Die klanglichen Reibungen und die sich aufbauende Intensität wurden beachtlich dargeboten, wobei der Chor die emotionalen Nuancen der Musik kunstvoll zum Ausdruck brachte.

Dagegen standen die Werke von Stacy Garrop (geboren 1969), Henry Purcell und Sven-David Sandström (1942-2019), die Hoffnung der Trauer gegenüberstellen. Hier zeigte sich die starke Ausdruckskraft des Gesangs des Chores. In Garrops Werk wird ein Gedicht von Emily Dicksons vertont, das von Hoffnung handelt, die die Menschen wärmt. So wie der Text von Wärme und Hoffnung erzählt, so sang auch der Chor die warmen und tröstlichen Klänge in ruhiger Weise.

Flehentliches Bitten

Am Ende sang der Chor »Hear My Prayer« von Henry Purcell und im Anschluss eine Bearbeitung dieses Werks von Sandström. In beiden Werken steht das flehentliche Bitten eines Betenden im Vordergrund.

Judith Mohr bedankte für den großen Applaus, den das Publikum spendete. Sie wünschte allen eine friedliche Passionszeit und ein friedvolles Ostern. Als Zugabe sang der Chor »När natten skänker frid«. Ein schwedisches Abendlied, das davon handelt, dass die Nacht Frieden bringt und das Herz zur Ruhe kommen lässt. Mit zarten und weichen Klängen dieses Liedes entließ der Chor die Zuhörer in den Abend. (GEA)