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Aktuell Jazzkonzert

Transparenz und Abstraktion: Das Benjamin Himpel Quartett in der »Mitte«

Das Benjamin Himpel Quartett hat am Samstagabend im gut besuchten Jazzclub in der Mitte den 23. »Reutlinger Jazzfrühling« eröffnet.

Informatik-Professor, Jazzclub-Vorstand und Saxofonist Benjamin Himpel beim Jazzfrühling-Auftakt in der »Mitte«.
Informatik-Professor, Jazzclub-Vorstand und Saxofonist Benjamin Himpel beim Jazzfrühling-Auftakt in der »Mitte«. Foto: Jürgen Spieß
Informatik-Professor, Jazzclub-Vorstand und Saxofonist Benjamin Himpel beim Jazzfrühling-Auftakt in der »Mitte«.
Foto: Jürgen Spieß

REUTLINGEN. Die Saxofon-Einschübe kommen geschliffen klar und im richtigen Augenblick. Das Schlagzeug lädt zum Fußwippen ein. Lyrisch und versonnen dagegen das Pianospiel. Die Stücke sind schön anzuhören, zumindest kann man sich am Samstag beim Auftakt des diesjährigen Reutlinger Jazzfrühlings mit dem Benjamin Himpel Quartett im gut gefüllten Jazzclub in der Mitte entspannt lächelnd zurücklehnen.

Den Jazz, den der Hochschulprofessor, Jazzclub-Vorstand und Saxofonist Benjamin Himpel mit seinen drei Mitmusikern vorträgt, ist straight und kompakt, ohne aufregende Klangexperimente, aber auch alles andere als konservativ oder altbacken, dabei sehr komplex und präzise. Nicht umsonst teilen die beiden Professoren Benjamin Himpel und Benedikt Jahnel die Leidenschaft für Mathematik und Abstraktion, die sich auf vielfältige Weise in ihren Kompositionen und Improvisationen widerspiegeln. Seine Saxofonstimme hat Himpel dabei in ein solides Ensemblekonzept eingeflochten, vor allem Benedikt Jahnel sorgt am Flügel für manch überraschende Wendung.

Rhythmisch prägnant

Moritz Holdenried ist am Kontrabass für die eher knalligen Effekte zuständig und Felix Eckenfelder schafft am Schlagzeug das Kunststück, auf sehr zurückgelehnte Art Druck und Tempo aufzubauen. Natürlich fließt Himpels und Jahnels zweite Passion, die Mathematik, zu jeder Zeit und auf verschiedenen Ebenen in ihre Kompositionen ein. Mit ihrer rhythmischen Prägnanz finden Eigenkompositionen wie »Emu«, »I Should Have« oder das auf Deutsch übersetzte »Schlagabtausch« sofort den Weg in die Ohren des Publikums und verharren nur ganz selten in Vordergründigkeit. Sie sprühen vor originellen, dabei wohl abgewogenen Ideen, spielen mit vielerlei Anklängen und wirken sorgfältig ausgetüftelt. Sie sind nach einem klaren Schema aufgebaut, können aber dennoch mit Vertracktheiten aufwarten.

Und mittendrin der Bandleader selbst, der auf mehreren Hochzeiten gleichzeitig zu tanzen versteht, ohne viel Aufhebens darum zu machen. Er spielt seinen Part souverän und lässt seinen Mitmusikern den gleichen Spielraum für Improvisationen. Ihm gelingt es, Unvereinbarkeiten abzubauen und miteinander in Einklang zu bringen: zwischen ausufernder Rhythmik und langsamen Passagen, zwischen Einlagen mit Sopransaxofon, Bassklarinette und Basssaxofon, zwischen Stapeln von Notenpapier und einer eher improvisatorischen Auffassung von Musik, die er mit seinen Mitmusikern teilt.

Aus Berlin angereist

Das Schwierige haben Benjamin Himpel und sein extra aus Berlin angereister Pianist als das Einfache erkannt. Gleichwohl scheint ihre Leidenschaft für komplexe Stücke, klare Transparenz und Abstraktion in ihrer Musik immer wieder durch. Dazu sind Benjamin Himpel und Benedikt Jahnel dann doch zu sehr Mathematiker. (GEA)