LONDON. Die Erfolge der Band Toto (»Africa«) um den Gitarristen Steve Lukather und den Sänger Joe Williams sprechen für sich: 40 Millionen verkaufte Tonträger und zwei Milliarden Streams. Aufgrund einer komplizierten rechtlichen Situation wollen die Musiker nie wieder ein Album als Toto aufnehmen, aber das Touren können sie nicht lassen. Im Juni/Juli ist die Band im deutschsprachigen Raum unterwegs. Im Vorprogramm spielen The Effect mit Lukathers Sohn Trevor und Phil Collins’ Filius Nic. Mit dem Gitarristen, Sänger und Songschreiber Steve Lukather, 67, sprach Olaf Neumann.
GEA: Bei der Toto-Tour werden Sie von Ihrem Sohn Trevor begleitet. Das Stück »Far From Over« von Ihrem Soloalbum »Bridges« schrieben Sie mit ihm. Eine Partnerschaft auf Augenhöhe?
Steve Lukather: Trevor ist selbst ein großartiger Songwriter und Produzent. Er hat schon für andere Leute Hits geschrieben. Er brachte diesen fast fertigen Song ein, der verdammt gut ist. Ich half ihm mit den Melodien und dem Text, er spielte die cleanen Gitarrenparts und ich die knackigen, das Solo, den Bass und den Gesang. Trevor ist 36 Jahre alt und wirklich talentiert. Er sagte: »Das ist nicht gut genug, Dad. Mach’s noch mal!« Und er hatte Recht.
Haben Sie beide einen ähnlichen Musikgeschmack?
Lukather: Trevor liebt den ganzen Scheiß, den ich gemacht habe. Er ist ein Classic-Rock-Typ wie ich, aber auch in Kontakt mit der Gegenwart. Wir hatten nur einen einzigen Streit in unserem Leben, und der wurde von einer Ex-Freundin verursacht. Trevor ist mein verdammter Seelenbruder. Er ist viel ruhiger als ich. Er vermeidet den ganzen Scheiß, den ich durchgemacht habe und verschwendet keine Zeit damit, auf Partys herumzualbern.
Wie hart müssen Kinder berühmter Künstler arbeiten, damit man sie respektiert?
Lukather: Es ist insofern schwierig, als dass die Leute erwarten, dass Trevor wie ich ist. Sein Gitarrenspiel wird immer mit meinem verglichen, was unfair ist. Selbst wenn er von mir beeinflusst ist, hat er seine eigene Stimme. Als Trevor noch jung war, habe ich zu ihm gesagt: »Ich will nicht, dass du einer von diesen Schreddertypen wirst! Es gibt Millionen davon. Und eine Million davon sind technisch brillant. Wenn du davon leben willst, musst du ein großartiger Rhythmusgitarrist sein, ein großartiger Produzent und Arrangeur.« Trevor nahm meine Ratschläge an.
In den 1980er/90ern spielten Sie auf Alben von Paul McCartney, Aretha Franklin und Michael Jackson. Wenn Sie heute als Mitglied der Ringo Starrs All Star Band Songs der Beatles spielen, wie gehen Sie dabei vor?
Lukather: Wir haben neben Ringo und mir Colin Hay (Men At Work), Warren Ham (Toto), Gregg Bissonette (David Lee Roth), Hamish Stuart (Paul McCartney) und Edgar Winter in der Band. Wir spielen Ringo- und Beatles-Songs, Stücke von Men At Work und Edgar Winter. Wir sind wie eine Grateful-Dead-Version von unseren anderen Bands. Unsere Musik ist ein bisschen lockerer und nicht so ausgefeilt wie bei Toto, wo alles so exakt und perfekt ist, aber alle singen großartig. Und Ringo kümmert sich so gut um uns.
Wie oft sehen Sie sich?
Lukather: Ringo lebt nur acht Minuten von mir entfernt. Privat hängen wir oft zusammen ab. Er ist mein Freund, und das weiß ich zu schätzen. Das erste Mal, dass ich mit Paul McCartney zusammengearbeitet habe, war auf dem »Thriller«-Album von Michael Jackson. Der erste Song, den wir aufnahmen, war »The Girl is Mine«, ein Duett von Michael und Paul. An diesem Tag lernte ich auch die wundervolle Linda McCartney kennen. Ich kann absolut verstehen, warum Paul in sie verliebt war. Er lud Jeff Porcaro und mich dann für zwei Wochen ein, um auf seiner Platte und in seinem Film »Give My Regards to Broad Street« mitzuspielen.
Wie erinnern Sie die Zusammenarbeit mit Paul McCartney?
Lukather: In diesem Film saß ich mit einer Gitarre und Linda mit einem Mellotron auf einer Bühne, es war eine seltsame Traumsequenz. Zuerst wurde uns gesagt, wir sollen nicht mit Paul über die Beatles reden, das mag er nicht. Doch Linda sagte: »Wer hat euch diesen Blödsinn erzählt?« Dann habe ich das Mellotron genommen und den Anfang von »Strawberry Fields Forever« gespielt. Paul sah das und ich entschuldigte mich: »Sorry, Mann, das musste ich einfach machen!« Und er: »Nein, Steve, ist in Ordnung!« Dann begann ich »Please, Please Me« auf der Gitarre zu spielen, und er begann zu singen und Jeff stieß dazu. Ich sang den John-Lennon-Teil und alle im Raum hörten auf zu arbeiten und lauschten.
Sie waren mit Jeff Beck befreundet, der voriges Jahr starb. Am 24. Juni wäre er 80 geworden. 1986 spielten Sie mit ihm und Carlos Santana in einer kurzlebigen Band. Wie kam es zu diesem Projekt?
Lukather: Ein Promoter aus Japan brachte uns zusammen, weil er wusste, dass ich ein großer Jeff-Beck-Fan bin. Jeff und ich wurden schnell Freunde, auch Carlos und ich. Es war sehr aufregend, mit Jeff zu arbeiten. Ich habe dann sogar ein Album von ihm produziert, das allerdings nie veröffentlicht wurde. Es gab keine Gelegenheit, es zu beenden.
Warum ist das Album nie fertig geworden?
Lukather: Ich habe diese Platte 1997 für ihn produziert und auch auf ihr gespielt. Mitten in der Arbeit fing Jeff plötzlich an, sich für Techno-Musik zu interessieren, und beschloss, die Platte auf Eis zu legen. Und dann hat ihn sein Ex-Manager verarscht und versucht, mir das in die Schuhe zu schieben. Aber als Jeff und ich uns wiedersahen, war es cool. Vorletztes Jahr spielten wir auf dem selben Festival. Jeff und ich lachten viel und er hat brillant gespielt. Er war mein Held! Aber ein paar Monate später war er tot. Meningitis! Für mich war er Gottes Gitarrist.
Denken Sie, dass die unvollendete Platte eines Tages erscheinen wird?
Lukather: Ich bin sicher, dass in einigen Tracks, die wir zusammen gemacht haben, Magie steckt. Jeff Beck hatte wahrscheinlich 20 Alben in der Schublade, die er nicht veröffentlicht hat. Aus irgendeinem Grund überkam ihn oft das Gefühl, dass er ein bestimmtes Projekt, an dem er gerade arbeitete, hasste. (GEA)
Toto: 24. Juni, München; 25. Juni, Hamburg; 30. Juni, Bruchsal; 2. Juli, Berlin