REUTLINGEN. Das lose Mundwerk und die Liebe zur kabarettistisch gewendeten Stubenmusik haben sie mit ihren Brüdern Karl, Michael und Christoph Well gemein, mit denen sich die Wellküren Moni, Burgi und Bärbi vor acht Jahren im Programm »Fein sein, beinander bleib’n« auf der Bühne der Münchner Kammerspiele präsentierten.
Sie alle entstammen der 17-köpfigen Volksmusikantenfamilie des Dorfschullehrers Hermann Well und seiner Frau Gertraud aus Günzlhofen bei Fürstenfeldbruck. Und während die Brüder – auch Hans Well – als Biermösl Blosn und Well-Buam nicht zuletzt an der Seite von Gerhard Polt Erfolge auf Kleinkunstbühnen feierten und weiter feiern, sind Moni, Burgi und Bärbi (die ihre Schwester Vroni abgelöst hat) seit 1986 nicht minder originell und erfolgreich als die Wellküren unterwegs.
Zur Eröffnung der Reutlinger Mundart-Wochen sorgten sie am Donnerstagabend in der Volksbank für ein volles Haus. Die Schalterhalle hätte gut und gerne auch dreimal ausverkauft sein können, sagt Wilhelm König von der Mundartgesellschaft Württemberg, so groß sei die Nachfrage gewesen.
»Futuristisch und doch antik« nennen die nur anfangs zurückhaltend auftretenden Wellküren die Räumlichkeiten und äußern, nachdem König in seiner Begrüßung erwähnt hat, dass bei den Mundart-Wochen (seit 1976) neben dem Schwäbischen schon immer auch andere Dialekte vertreten gewesen seien, die Hoffnung, dass »ihr uns besser versteht als wir euch«.
Das Warmwerden mit dem Publikum dauert dann aber nicht lang. Spätestens als das Trio mit einem Lied unterstrichen hat, dass es auch Tübingen als Auftrittsort in Erwägung zog, sich dann aber für Reutlingen mit seinen »sauberen, schönen, goldigen, kabarettgebildeten Leuten« entschieden hat, ist der Bann gebrochen. Ihre jeweils mit »One, two, three – Roger« eingezählten, zwischen deftig und versonnen angesiedelten Lieder reichern die Musikkabarettistinnen mit wechselnden Instrumenten an, darunter Gitarre, Harfe und Hackbrett und ein Nonnentrompete genannter celloähnlicher Einsaiter mit Klangtrichter. Das Publikum erfährt, dass der Name daher kommt, dass Nonnen, denen es eine Zeit lang verboten war, echte Blasinstrumente zu spielen, gerne darauf zurückgriffen. Was tatsächlich stimmt.
Manches, was die Well-Schwestern so erzählen oder besingen, ist derweil mit Vorsicht zu genießen. Etwa, wenn sie Mozart als einen guten Bekannten ihrer Mutter vorstellen, Legenden über ihre Vorfahren rund um Macbeth spinnen oder den Begriff Wellness von ihrem Geburtsnamen und dem schottischen Loch Ness herleiten. Seemannsgarn-Spezialist Käpt’n Blaubär könnte das nicht besser.
Eine Lanze brechen die Drei für die Stubenmusik und legen schlüssig dar, dass, wenn sich die britischen Parlamentarier in der Brexit-Debatte auf Stubenmusik besonnen hätten, sie rasch Einigkeit erzielt hätten. Auch für den Weltfrieden sei mit Stubenmusik viel getan – etwa mit Vladimir Putin an der Harfe, Recep Tayyip Erdogan an der Zither und Donald Trump an der Triangel.
Mit der von ihnen gegründeten Stugida-Bewegung – »Stubenmusik gegen die Idiotisierung des Abendlandes« – beziehen die Wellküren auch hierzulande Stellung. Und wenn ihnen mal der Kragen platzt – besonders Moni neigte in der Vergangenheit zu »verbaler Inkontinenz«, wie sie sagt –, lässt Stubenmusik sie wieder ruhig durchschnaufen. Stubenmusik helfe letztlich in allen Lebenslagen. »Wir haben sie auch zur Empfängnisverhütung genutzt«, behauptet Bärbi und verzieht dabei keine Miene.
Ein Lied zur bayerischen Leitkultur haben die Schwestern ebenso parat wie Seitenhiebe auf schnarchende Männer mit »hormoneller Demenz«. Am Ende stimmen sie ein ganzes Stubenmusical an, singen darüber, was Bayern mal war, ist und sein könnte. »Markus der Wandelbare« (Söder) und Bienen kommen darin vor; die Musik, die sie spielen, ist inspiriert von Ennio Morricones Soundtrack zu »Spiel mir das Lied vom Tod«. (GEA)