REUTLINGEN. Rapper sind bekannt für ihre große Klappe. Und dafür, dass oft gar nicht so viel dahinter steckt. In seinem Lied »Zurück«, das am 9. August 2004 veröffentlicht wurde, tönt der Hamburger Hip-Hopper Samy Deluxe vollmundig: »Jetzt trägt jeder weite Klamotten. Und alle Leute hier hör’n Hip-Hop, uns kann keiner mehr stoppen.« Doch davon, dass jeder auf Rapmusik steht, hat man in den Deutschen Charts damals nichts gesehen. Kein einziger Rapper war in den Top 10 zu finden. Die Menschen hörten zu dieser Zeit lieber den Sommerhit »Dragostea din tei« von O-Zone, »Lebt denn dr alte Holzmichel noch« von De Randfichten, oder »Space-Taxi« von Stefan Raab.
Mittlerweile hat sich das Blatt gewendet. Der von Samy Deluxe besungene Siegeszug des Sprechgesangs ist Realität geworden, wie der Jahresrückblick des größten Streaming-Anbieters Spotify zeigt. Die fünf 2020 meistgehörten Künstler in Deutschland sind allesamt Rapper. Capital Bra steht bereits zum zweiten Mal in Folge an der Spitze, gefolgt von Apache 207, Samra, Bonez MC und Ufo 361.
Bei den meistgestreamten Hits hat sich mit »Blinding Lights« von The Weekend immerhin ein Elektro-Pop-Song durchgesetzt, danach reiht sich ein Rap-Song an den nächsten. Rang zwei belegt der bereits 2019 erschienene Track »Roller« von Apache 207, auf den Plätzen drei bis fünf stehen »Roses – Imanbek Remix« von Imanbek und SAINt JHN, »Breaking Me« von A7S und Topic sowie »Rockstar« von DaBaby und Roddy Ricch.
Tübingen tanzte mit seinem Jahresrückblick dagegen etwas aus der Reihe. Hier wurde »Fallen Leaves« von Billy Talent am meisten gehört, ein Song, der bereits im November 2006 veröffentlicht wurde. Ähnlich kurios ist, dass die Killerpilze mit »Drei« aus dem Jahr 2010 in der Liste auftauchen, Apache 207 wiederum überhaupt nicht. Reutlingen und Metzingen sind da eher Mainstream. Dort haben die User wie im Rest der Republik am liebsten Hip-Hop gestreamt. (GEA)