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Aktuell Konzert

Spielfreudig durch viele Stile und Rhythmen

REUTLINGEN. Sanft hebt die Querflöte an, ganz allein in dem großen Orchester, dann setzen die Streicher mit einem verspielten Pizzicato ein, dann die Bratschen und Celli. Am Montagabend begeisterte die Junge Sinfonie Reutlingen, Deutschlands ältestes selbstverwaltetes Jugendorchester, das Publikum in der Friedrich-List-Halle mit einem bunten Programm.

Mit ihrem traditionellen Silvesterkonzert unter Leitung von Rainer Schmid setzte die Junge Sinfonie Reutlingen einen spritzigen
Mit ihrem traditionellen Silvesterkonzert unter Leitung von Rainer Schmid setzte die Junge Sinfonie Reutlingen einen spritzigen Schlusspunkt an die Ära der Friedrich-List-Halle. Foto: Monique Cantre
Mit ihrem traditionellen Silvesterkonzert unter Leitung von Rainer Schmid setzte die Junge Sinfonie Reutlingen einen spritzigen Schlusspunkt an die Ära der Friedrich-List-Halle.
Foto: Monique Cantre
Lautmalerisch fließen die Klänge durch den Raum, geschmeidig und heiter, wie Smetanas Moldau durch Böhmens Wälder und Wiesen. Bläser und Streicher treten in einen subtilen Dialog, wie Wellen, die miteinander spielen. Leise beginnt der Fluss seinen Lauf. Mit Pauken und Trompeten schwillt er mächtig an, um am Ende majestätisch durch Prag zu fließen. Die jungen Musiker unter der Leitung von Rainer Schmid setzen diese Vielfalt an Stimmungen wunderbar um.

Das Trompetenkonzert des kürzlich verstorbenen armenischen Komponisten Alexander Arutjunjan beginnt mit einem dramatischen Tremolo der Celli, in das die Trompete wie mit einem Ausrufezeichen einsteigt. Alexander Flamm, der vor wenigen Monaten erst sein Abitur gemacht hat und nun an der Hamburger Musikhochschule studiert, steht ein wenig schüchtern neben dem Dirigenten, dreht verlegen die Trompete in seinen Händen und spielt doch mit der Selbstverständlichkeit und Eleganz des geborenen Musikers. Vom zarten Hauch bis zum temperamentvollen Fortissimo lässt er alle Nuancen des Stückes zur Geltung kommen. Mit tänzerischer Leichtigkeit spielt er die rasend schnellen Läufe. Mit seiner wunderbaren Modulation gelingt ihm das Kunststück, sowohl Weichheit als auch Wucht aus dem Blech zu locken. Auch das Zusammenspiel mit dem Orchester funktioniert bestens. Selbst in den Fortissimo-Passagen tritt der Solist noch klar hervor.

Das Stampfen einer Dampflok

Arthur Honegger beschreibt in seinem Stück »Pacific 231« von 1923 das Fauchen und Stampfen einer Dampflok, durch seine scheinbar ungeordnete Struktur ein recht anspruchsvolles Werk. Doch die jungen Musiker schlagen sich wacker durch das Chaos.

In Heitor Villa-Lobos Bachianas Brasileiras für Sopran und acht Celli übernimmt ein Teil der Cellisten mit Pizzicato die Perkussion und der andere Teil mit sanftem Bogenstrich die Melodie. Sanft lässt die Tübinger Sopranistin Ulrike Härter ihre Stimme durch den Raum schweben, manchmal schon fast zu leise. Das dezente Vibrato passt gut zu dem träumerischen Stück. Es entsteht ein subtiler Dialog zwischen den beiden Cellogruppen und zwischen diesen und der Solistin. Ihre geschmeidige Stimme und ihre klare Artikulation geben dem Stück sowohl Tiefe als auch Schwung.

Den Schluss macht die höchst originelle »Unbegun Symphonie« aus dem Jahr 1991 des amerikanischen Komponisten und Satirikers Peter Schickele, ein Potpourri von mehr als 40 kunstvoll verknüpften Melodien aus der halben Musikgeschichte. In Mozarts Wohlklang mischen sich scheinbare Misstöne, die nahtlos in Johann Strauß‘ Donauwalzer übergehen. Kurz klingt Beethovens neunte Symphonie an, um gleich wieder von einem leicht schräg klingenden Mozart abgelöst zu werden. Die Musiker grinsen sich derweilen eins und haben sichtlich Spaß an ihrem Konzert. Wenn das neue Jahr so gut weitergeht, wie das alte an diesem Abend geendet hat, dann haben wir wohl allen Grund, optimistisch in die Zukunft zu blicken und uns zumindest um den musikalischen Nachwuchs keine Sorgen zu machen. (GEA)