OSTFILDERN. »Der Trek ist jede Blase wert.« Diese Aussage spricht für sich. Sie taucht in der Beschreibung des Westwegs durch den Schwarzwald auf, könnte aber auch für das gesamte Werk gelten. Lonely Planets »Legendäre Wanderrouten in Europa« ist viel mehr als nur ein Bildband, der besondere Strecken auf dem Kontinent beschreibt. Die Neuauflage bietet nichts weniger als ein imposantes Panorama der Vielfältigkeit und Schönheit der Natur, die in einer Bandbreite von Grönland bis Aserbaidschan, von Portugal bis Griechenland vor Augen geführt wird.
Zu den 50 mehrseitig vorgestellten Touren, die in die Kategorien »leicht«, »härter« und »legendär« eingeteilt werden, kommen 150 weitere, kurz angerissene Trails. Die meisten sind in Italien zu finden, aber auch in England, Frankreich und der Schweiz ist nach Ansicht des Herausgebers die Auswahl an beeindruckenden Wandermöglichkeiten groß.
Pfad der Götter
Etwa die göttlichen Wege des »Sentiero degli Dei« im Hinterland der Amalfi-Küste, der imposante englische Berggrat Striding Edge, die magischen »Vier Tage auf der Via Alpina«, bis die Eiger-Nordwand in Sicht kommt (Schweiz) oder der Pfad entlang des berühmten »Canal du Midi« in Richtung Carcassonne (Frankreich).
Es gibt nichts, was der Freiluft-Fan nicht geboten bekommt: Bier- oder Wein-Wege, Watt-Wanderungen, in denen die Teilnehmer auch mal bis zur Hüfte im Schlick einsinken können; meditative Pilger-Wege in Spanien, Norwegen und Portugal; ehemals kriegerische Trails, in denen man an Soldatenfriedhöfen und Überresten von Bunkern vorbeikommt; Wege in luftiger Höhe über Hängebrücken; Routen an der Küste, wo einem die possierlichen Pagageientaucher oder sanft dahingleitende Delfine ins Blickfeld geraten können; Eis- oder Gletscher-Passagen, Schmugglerbuchten, Wasserfälle. Aber auch das ungewöhnliche Moorschuhwandern in Lettland, die spektakuläre Route am Rand der spanischen Cares-Schlucht und die direkt in die Karstfelsen hineingebaute slowenische Burg Predjama machen das Tourengehen zum besonderen Erlebnis.
Überraschenderweise listet der Band, der mit einem nostalgischen Titel-Motiv im 50er-Jahre-Stil aufwartet, als Kontrastprogramm zu abgeschiedenen Strecken einige Touren in der City auf: Die Sehenswürdigkeiten von London, Berlin, Rom, Lissabon oder La Valletta dürften auch Städter aus der Reserve locken. Bei allen Vorschlägen gibt es Informationen zu Start/Ziel und Länge der Strecke, Internet-Hinweise, bei den ausführlicheren Routen auch spezielle Infos: Etwa wie der Bernhardiner zu seinem Namen kam, wo es in Wales kuriose Sport-Wettkämpfe wie Soßen-Ringen und Mensch-gegen-Pferde-Marathon gibt oder wo das Konzept des »Wanderns« erfunden wurde – um es vorwegzunehmen: im Schwarzwald.
Ein faszinierender Bildband, um sich eine Fülle von Anregungen für die nächste Reise zu holen – oder einfach für Betrachter zum Genießen. Falls der Strandkorb- und Hotel-Pool-Fan nach dieser Lektüre sich plötzlich Wanderstiefel kauft und neue Vorlieben zu entwickeln beginnt – es wäre kein Wunder. (GEA)
Lonely Planet: Legendäre Wanderrouten in Europa, 320 Seiten, zahlreiche Fotos und Grafiken, 29,95 Euro, MairDumont-Verlag, Ostfildern.

