STUTTGART. Auf der Bühne stehen zahllose Scheinwerfer, übereinander gestapelte Kisten, ein Schreibtisch, Pflanzen und vergrößerte Familienfotos, sodass beinahe der Eindruck entsteht, man befände sich in einer privaten und familiären Umgebung irgendwo in den USA – »Family Business« eben.
So heißen auch die aktuelle Tour und das neue Album des in New York City aufgewachsenen Geschwisterduos Clyde und Gracie Lawrence, das am Donnerstag mit seiner sechsköpfigen Band das 30. Stuttgarter Jazzopen-Festival im ausverkauften Hof des Alten Schlosses eröffnete. Mit ihrem energiegeladenen Auftritt fanden Lawrence nicht nur spielend die Nähe zum Publikum, sie katapultierten die rund 1.500 Besucher auch wiederholt in die Vergangenheit, in die Sixties. Zudem macht ihre Musik einfach glücklich. Nicht nur, weil sie mit ihren Songs auf einer kraftvollen Soul-Pop-Welle surfen, sondern dadurch, dass sie auffallend oft über Glück und Zuversicht singen und alle ringsum in dieses wohlige Glücksgefühl eintauchen lassen. Und auch, weil sie das Publikum einbeziehen und auch mal befragen, welchen Titel sie denn als nächstes spielen sollen.
Drei Bläser, Bass und E-Gitarre
Alle acht Musiker, davon drei Bläser, E-Gitarrist, E-Bassist und Drummer, machten bei ihrem anderthalbstündigen Konzert vom Start weg einen unverbrauchten Eindruck. Vor allem die singende und sich stimmlich verausgabende Gracie Lawrence faszinierte das Publikum mit ihrer soulig-kraftvollen Röhre und suchte ständig die Nähe zu den begeistert mitgehenden Fans. Während vor der Bühne die Besucher ausgelassen mittanzten, gab es neben wenigen langsamen Popballaden ("Wherever I Go") vor allem schnelle, rhythmische Dancefloor-Musik in bester amerikanischer Soul-Pop-Tradition. Und natürlich ihre bekannten Hits wie "Don’t Lose Sight", "Guy I Used To Be", "Family Business" und "Crushin’ zu hören.
Bereits nach den ersten paar Takten war das Publikum gefangen von der anmutigen Ausstrahlung, welche die junge Frontsängerin mit den Hotpants und Zöpfen umgibt. Sie macht ohne Zweifel das Geheimnis des Erfolges der Gruppe aus. Jeder noch so schlicht gestrickten Passage drückt sie mit ihrer Charakterstimme den Stempel auf.
Liegestütze auf der Bühne
Jedenfalls sprang Gracie Lawrence wie aufgezogen über die Bühne, vollführte Liegestützen, schwang die Hüften, sah dabei ein wenig aus wie die junge Madonna und wurde von jeder Menge meist junger und weiblicher Fans gefeiert. Die Bühne eines Jazzfestivals zum Schauplatz einer Partymeile machen, das könnte ziemlich bemüht wirken. Tat es bei diesem Open-Air-Konzert mit dazu passendem Sommerwetter aber nicht. Das lag sicherlich mit an der Natürlichkeit, mit der das Geschwisterpaar Clyde - der auch Keyboard spielte - und Gracie Lawrence agierte. Dass die Musik ab und an fast ein wenig überladen wirkte, störte das ausgelassene Publikum wenig.
Denn die Musik von Lawrence macht einfach glücklich. Dazu sorgten die drei Bläser mit ihren Einlagen für funkige Dynamik und etwas Jazz-Appeal. Auf der Ebene dieses gemeinsamen Nenners fanden sich an diesem Abend ziemlich viele wieder. (GEA)