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So war's bei Tarkan in der Porsche-Arena

In Deutschland ein One-Hit-Wonder. Global ein Superstar der türkischen Community. Was uns der Erfolg von Tarkan erzählt.

Tarkan auf Tuchfühlung mit der Community in der Porsche-Arena.
Tarkan auf Tuchfühlung mit der Community in der Porsche-Arena. Foto: Steffen Becker
Tarkan auf Tuchfühlung mit der Community in der Porsche-Arena.
Foto: Steffen Becker

STUTTGART. Musik und Schmatzgeräusche vom Küssen. Stimmt, da war doch was: ein fester Bestandteil von 90er-Partys. Der Song »Simarik« beziehungsweise »Kiss, kiss« des Sängers Tarkan war ein Sommerhit 1997 und ist seitdem ein Dauerbrenner. Aus deutscher Perspektive ein typisches »One-Hit-Wonder« (auch wenn es kurz danach mit »Sikidim« noch einen zweiten Chart-Erfolg gab). Dass dieser Eindruck täuscht, offenbart ein Blick in die nahezu ausverkaufte Stuttgarter Porsche-Arena. Tarkan hat ein Repertoire von Anfang der 90er bis hin zu einem aktuellen Album. Das altersmäßig gemischte Publikum kann die Songs alle mitsingen.

In der Türkei und den türkischen Communitys war und ist der Sänger ein Dauerbrenner. Seine Tournee führt durch ganz Europa und in große Hallen. Die füllen sich anders als auf klassischem Weg. Eine »normale« Werbekampagne gab es für das Stuttgarter Konzert nicht, die Community kriegt es auch so mit. Erlebt man in der Porsche-Arena also ein globales Pop-Phänomen unter dem Radar des Mainstreams? Oder blickt man auf einen Beleg für Parallelgesellschaften?

Kosmopolitisches Image

Tarkan moderiert auf Türkisch, der deutsche Wortschatz beschränkt sich an diesem Abend auf ein finales »Tschüss«. Andererseits baut der Star auf ein kosmopolitisches Image. Geboren in der Pfalz, Jugend und erste Erfolge in der Türkei, mehrere Jahre in New York gelebt, heute wieder in Deutschland. In einem Interview mit der Rheinischen Post sagte er: »Wenn du meinst, ob ich jemals nicht wusste, wo ich hingehöre, dann kann ich dir sagen, dass ich mich überall eingewöhnen kann, was meiner Meinung nach eine gute Sache ist. Ich habe mich immer als Weltbürger gesehen.« Gewöhnen heißt aber nicht assimilieren - wie man auch in Stuttgart erkennen kann. Das Publikum lechzt nach musikalischer Eigenheit, die das deutsche Formatradio nicht bietet. Als da wären: Liebesballaden voller Pathos, orientalische Flirtmusik, Party-Mucke, die für deutsche Ohren nach Bollywood klingt. Und allgemein eine Leidenschaft, für die das Türkisch einfach besser geeignet scheint.

Auch wenn man kein Wort versteht, kann man das Gefühl, das ein Song vermitteln will, instinktiv anhand der Klangfarbe der Sprache erfassen. Eine top ausgestattete Band, die neben dem dominierenden Pop auch Rock-Riffs und ruhige melodische Parts beherrscht, hilft beim Erspüren.

Warme Welle der Solidarität

Am emotionalsten ist jedoch ein betont zurückhaltender Moment gleich zu Beginn. Den Tränen nahe singt Tarkan ein trauriges Lied, zu dem das Bild einer Frau eingeblendet wird. Man versteht, was einem dann die Suchmaschine bestätigt: Seine Mutter verstarb kurz zuvor. Die warme Welle der Solidarität, die durch die Arena läuft, erinnert einen daran, dass man manchmal einfach eine Community braucht. (GEA)