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Aktuell Konzert

Sinfonieorchester Neckar-Alb mit klingendem Dank an Rainer M. Schmid

Erneut ein Konzert ohne den vorgesehenen Dirigenten: diesmal das Abschiedskonzert für Rainer M. Schmid, der das Sinfonieorchester Neckar-Alb – SinfoNeA – fast zehn Jahre geleitet hat. In der Festhalle Kusterdingen erklangen Werke von Bernstein, Haydn und Dvořák, geleitet von Andreas Medler.

Das Sinfonieorchester Neckar-Alb (SinfoNeA) in der Kusterdinger Festhalle.
Das Sinfonieorchester Neckar-Alb (SinfoNeA) in der Kusterdinger Festhalle. Foto: Susanne Eckstein
Das Sinfonieorchester Neckar-Alb (SinfoNeA) in der Kusterdinger Festhalle.
Foto: Susanne Eckstein

KUSTERDINGEN. Rainer M. Schmid macht nicht gern viele Worte. Eher unauffällig hat er sich große Verdienste um das Musikleben der Region erworben: Als Orchesteroboist hat er (unter anderem) Schulmusik studiert, am Pfullinger Gymnasium sowie als Oboenlehrer unterrichtet und nicht zuletzt – von 1981 bis 2021 – die Junge Sinfonie Reutlingen geleitet. Unzählige junge Musiker hat er inspiriert, geprägt und gefördert, unter ihnen Marius Schifferdecker, heute Oboist in der Württembergischen Philharmonie Reutlingen.

Als ehemalige Mitglieder der Jungen Sinfonie 2014 ein neues Orchester gründen wollten, fiel ihre Wahl auf Rainer M. Schmid (»unseren Mecki«) als Dirigent. Eigentlich im Ruhestand, sagte dieser zu und machte es zu dem, was es heute ist: ein beachtliches Liebhaberorchester mit vielen Ideen, reichlich Musizierfreude und Standort in Kusterdingen, wo die neu renovierte Festhalle eine vorzügliche Akustik bietet.

Foto aus dem Jahr 2019. Damals überreichte Oberbürgermeisterin Barbara Bosch Rainer M. Schmid die Verdienstmedaille der Stadt Re
Foto aus dem Jahr 2019. Damals überreichte Oberbürgermeisterin Barbara Bosch Rainer M. Schmid die Verdienstmedaille der Stadt Reutlingen. Foto: Knauer Armin
Foto aus dem Jahr 2019. Damals überreichte Oberbürgermeisterin Barbara Bosch Rainer M. Schmid die Verdienstmedaille der Stadt Reutlingen.
Foto: Knauer Armin

Ihren Dank hat das Sinfonieorchester Neckar-Alb (SinfoNeA) im Programmheft der beiden gut besuchten Abschiedskonzerte in Kusterdingen und Reutlingen zum Ausdruck gebracht, nicht in Reden. Stattdessen sprach die Musik: Die Werkfolge hat Rainer M. Schmid zusammengestellt und einstudiert, die Leitung übernahm der neue SinfoNeA-Dirigent Andreas Medler, Gründungsmitglied und Trompeter.

Eins der Lieblingsstücke von Schmid ist Leonard Bernsteins Ouvertüre zu »Candide«, die das Konzert einleitet. Ein wahrer Reißer, in dem die Musiker viel Selbständigkeit beweisen müssen, wenn Bernstein die Wege des Schicksals wild gegeneinander führt und krachende Schläge dreinfahren lässt; ihnen gelingt unter Medlers präziser Leitung eine pralle, begeisternde Darstellung.

Heiteres Konzertieren

Trotz aller Eingängigkeit ist Joseph Haydns Sinfonie Nr. 105, die »Concertante«, schwieriger zu meistern. Sie verbindet ein Solistenquartett aus Violine, Cello, Oboe und Fagott auf unterschiedliche Weise mit dem Orchester zu heiterem Konzertieren, mal kammermusikalisch, mal opernhaft, Rezitative inklusive. Nicht nur die Koordination ist heikel, auch die Qualität der Solisten aus den eigenen Reihen erweist sich als unterschiedlich; der Hörgenuss ist etwas getrübt, doch man kann teilhaben am sorgfältigen Herangehen der Musizierenden an die oberflächlich unterhaltsame, doch tiefgründige Partitur.

Ein Schwergewicht der Orchesterliteratur bildet die zweite Hälfte des Konzerts: Antonín Dvoráks Sinfonie Nr. 7 d-Moll. Sie widerspricht mit ihrem kämpferischen Ernst und der motivischen Arbeit dem Klischee vom »böhmischen Musikanten«; ihre Themen stammen von Brahms und aus alten tschechischen Chorälen. Hat Dvorák mit der Siebten der großen Vergangenheit und dem Unabhängigkeitsstreben der Tschechen ein Denkmal gesetzt?

Kantige Klangfülle

Das kann man sich während der Aufführung tatsächlich fragen, so ernst nehmen Medler und die Musizierenden die Partitur. Konzentriert, ehrlich und engagiert gehen sie den vielschichtigen Strukturen auf den Grund (das lernt man bei Rainer M. Schmid) und stellen die Zuhörer mitten hinein in die kantige Klangfülle dieser Sinfonie aus der Zeit um 1884, als in Prag Tschechen gegen Deutsche demonstrierten. Sie erzählt von fernen Zeiten; Paukenschläge und schrille Töne evozieren Kampf und Krieg, dunkle Kraft führt über konfliktreiche Wege zum Ziel. Für ein Liebhaberorchester eine großartige Leistung, vom Publikum mit langem Applaus gewürdigt. (GEA)