Logo
Aktuell Konzertmeditation

Sehnsucht nach Frieden: Margot Käßmann und Hans-Jürgen Hufeisen in der Christuskirche

Die Theologin Margot Käßmann und die Musiker Hans-Jürgen Hufeisen und Thomas Strauß deuteten in der Reutlinger Christuskirche die weihnachtliche Botschaft.

Hans-Jürgen Hufeisen und Margot Käßmann in der Reutlinger Christuskirche.
Hans-Jürgen Hufeisen und Margot Käßmann in der Reutlinger Christuskirche. Foto: Christoph B. Ströhle
Hans-Jürgen Hufeisen und Margot Käßmann in der Reutlinger Christuskirche.
Foto: Christoph B. Ströhle

REUTLINGEN. Es war ein Tag, an dem Menschen in den Kriegs- und Krisengebieten dieser Welt, wie praktisch an jedem Tag, unsägliches Leid erfuhren, Menschen angetan von anderen Menschen, die doch, glaubt man den Veranstaltern einer Konzertmeditation in der Reutlinger Christuskirche, der Wunsch nach Frieden einen sollte. Es war ein Tag, an dem die in Berlin als beste Schauspielerin ausgezeichnete Sandra Hüller bei der Verleihung des Europäischen Filmpreises zum Schweigen für den Frieden aufrief und der ehemalige ukrainische Boxer Wladimir Klitschko bei der »Ein Herz für Kinder«-Spendengala erklärte: »Kinder brauchen Kuscheln, nicht Kugeln.«

In Reutlingen war die Christuskirche voll besetzt, der Wunsch nach Orientierung, nach klaren Worten mit Händen zu greifen. Margot Käßmann, vormals Landesbischöfin der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers und Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, ließ Krieg und politische Realitäten mit anklingen, übte auch Kritik an den Kirchen selbst, die oft genug über das Leid der Schwächsten hinweggesehen, es durch Verletzung, Missbrauch und Erniedrigung mit verursacht hätten. Vor allem aber lenkte sie die Aufmerksamkeit immer wieder auf die christliche Friedensbotschaft, die bis heute trage.

Nahrung für Seele und Geist

Der Komponist und Blockflötist Hans-Jürgen Hufeisen, Urheber unter anderem einer »Bonhoeffer-Messe«, war mit ihr nach Reutlingen gekommen, schuf mit der Theologin und Thomas Strauß am Piano unter dem Motto »Botschaft der Engel: Friede auf Erden« ein Musik-Text-Gespinst, das Seele und Geist Nahrung gab. Am Beispiel von Mariä Verkündigung machte Käßmann deutlich, dass ein offenes Herz zu haben Menschen den Menschen, aber auch dem Göttlichen näherbringe.

Friede entstehe, wenn Menschen sich einander öffneten, einander zuhörten, auch einmal die Perspektive des Gegenübers einnähmen, resümierte Käßmann. Dass Saulus von Tarsus ein Christenverfolger war, bevor er als Paulus zur Nächstenliebe fand, ließ sie anklingen, auch die Schwäche und Fehlbarkeit der Jünger Jesu. Als die Theologin den Satz des Augustinus »Mensch, lerne tanzen, sonst wissen die Engel im Himmel mit dir nichts anzufangen« vortrug, ließ Hans-Jürgen Hufeisen das in eine freudig-leichte, unbeschwerte Musik münden. Meditativ, lautmalerisch, teils expressiv hatten er und Thomas Strauß bis dahin Käßmanns Worte umrahmt. Schlicht gehaltene Weihnachtslieder und virtuose Klangin(ter)ventionen hatten sich dabei abgewechselt. Bei Liedern wie »Es ist ein Ros entsprungen« und »Ich steh an deiner Krippen hier« sang auch das dazu aufgeforderte Publikum mit.

Satirische Texte

In den Abend, der mit besinnlichen Worten ausklang, streute Käßmann auch satirische Texte ein, die etwa überzogene Erwartungen an Heiligabend im Familienkreis karikierten oder durchdeklinierten, wie unser Land aussähe, würde man »Ausländer raus«-Rufe wörtlich nehmen. Kartoffeln, Bananen, Kaffee, Unterhaltungselektronik aus Fernost, Öl und Benzin würden Reißaus nehmen. Und auch so manche Zutat für den Christstollen. (GEA)