Logo
Aktuell Geistliche Musik

Sanfte Klänge in der Passionszeit: Der Reutlinger Kammerchor in der Christuskirche

Der Reutlinger Kammerchor lud unter der Leitung von Marcel Martinez zu geistlicher Abendmusik zur Passion in die Reutlinger Christuskirche ein. Unter dem Motto »In monte oliveti« präsentierten die Ausführenden Werke von Jan Dismas Zelenka und Johann Sebastian Bach.

Unter der Leitung von Marcel Martinez (an der Truhenorgel) sang der Reutlinger Kammerchor in der Christuskirche Responsorien von
Unter der Leitung von Marcel Martinez (an der Truhenorgel) sang der Reutlinger Kammerchor in der Christuskirche Responsorien von Jan Dismas Zelenka. Foto: Verena Völker
Unter der Leitung von Marcel Martinez (an der Truhenorgel) sang der Reutlinger Kammerchor in der Christuskirche Responsorien von Jan Dismas Zelenka.
Foto: Verena Völker

REUTLINGEN. Unter der Leitung von Marcel Martinez führte der Kammerchor Reutlingen sieben Abschnitte aus »Responsoria pro Hebdomada Sancta« (Antwortgesänge für die heilige Woche) von Jan Dismas Zelenka (1679-1745) auf. Umrahmt wurden die drei Abschnitte des Werks durch das Orgelspiel von Martinez. Dieser präsentierte in der Reutlinger Christuskirche drei Werke von Johann Sebastian Bach an der Orgel.

Die düsteren Klänge des Präludiums von Bach in c-Moll (BWV 546) setzten den tonalen Rahmen für die Passionsmusik, die der Chor anschließend sang. Schneidend scharf wirkte die Orgelmusik, die den Auftakt bildete und für eine dunkle Stimmung für die folgende Passionsmusik sorgte.

Andächtiger Chorklang

Marcel Martinez dirigierte nicht nur, sondern begleitete den Chor auf der Truhenorgel. Den Beginn bildeten drei Responsorien, in denen die Geschichte von Christus am Ölberg, dessen Verzweiflung um den nahenden Tod zum Ausdruck kommt. Ruhig und leicht sang der Chor die Responsorien des böhmischen Komponisten. Immer neu einsetzende Stimmen ergaben ein feines Netz an Klängen, die sich manchmal zu vermischen schienen, um schließlich in einem reinen Klang zu münden. Obwohl Martinez zeitweise viel begleitete und weniger dirigierte, schien der Chor keine Schwierigkeiten zu haben, selbst schwierige Passagen sicher zu singen.

Nach diesem Teil spielte Martinez »O Lamm Gottes unschuldig« auf der Orgel und ergänzte damit thematisch perfekt den Text, den der Chor gerade gesungen hatte. Mit vielen leichten und spielerischen Verzierungen über der Choralmelodie schien Martinez der traurigen, dunklen Atmosphäre des Chorgesangs einen Kontrast entgegenzusetzen, da in der Orgelmusik immer wieder Hoffnung hervorzuschimmern schien.

Große Ausdruckskraft

Dann folgte der zweite Abschnitt für den Chor, in dem Jesus zu seinen Jüngern spricht und ihnen vorhersagt, dass einer von ihnen ihn verraten würde. Judas verrät Jesus an die führenden Priester und gibt ihm als Zeichen einen Kuss, woraufhin Jesus festgenommen und weggeführt wird. Während andere Passionswerke mit starkem Chor und großem Orchester Klanggewalten erzeugen, standen bei diesem Konzert die zarten, feinen Klänge im Vordergrund. Jeder einzelne Stimmeinsatz trug zu dem barocken Klangerlebnis bei und sorgte für eine andächtige Stimmung. Trotz herausfordernder Passagen bewahrte der Chor eine große Ausdruckskraft.

Anschließend spielte Martinez »O Mensch, bewein dein Sünde groß« (BWV 622, eine weitere Choralbearbeitung, bei der der Kantor der Tübinger Stephanuskirche sein nuanciertes Spiel bewies. Thomas Fischer, Pfarrer im Ruhestand, las einen Psalm, in dem das flehentliche Bitten um göttlichen Beistand im Vordergrund steht, und sprach den Segen, sodass das Konzert in einen Gottesdienst eingebettet war.

Beratung über Jesu Tod

Im letzten Responsorium, das der Chor sang, ging es um die Ältesten, die sich beraten, wie sie Jesus am besten festnehmen und töten könnten. Hier zeigte sich noch einmal die Fähigkeit des Chores, ruhige, aber harmonisch komplexe Abschnitte zu singen.

Den Abschluss des Konzerts bildete, von Martinez gespielt, der zweite Teil von Bachs Präludium in c-Moll. War der erste Teil noch von düsteren Klängen geprägt, so überwogen doch am Ende die freundlichen und versöhnlichen Klänge. Das Werk endet mit vielen Wendungen in einem strahlenden C-Dur-Akkord, sodass der Eindruck entsteht, dass trotz aller Trauer, die in der Passionsmusik zum Ausdruck kommt, die Hoffnung und freudige Erwartung im Vordergrund stehen. Mit viel Applaus honorierten die Zuhörer die Leistungen des Chores und von Marcel Martinez. (GEA)