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Aktuell Geistliche Musik

Sängerring für den »Feuerkopf«

Die Betzinger Sängerschaft feiert mit Bach das 25-jährige Dirigentenjubiläum Martin Künstners

Martin Künstner mit der Betzinger Sängerschaft und Mitgliedern der WPR.  FOTO: VARADY
Martin Künstner mit der Betzinger Sängerschaft und Mitgliedern der WPR. FOTO: VARADY
Martin Künstner mit der Betzinger Sängerschaft und Mitgliedern der WPR. FOTO: VARADY

REUTLINGEN. Bachs Weihnachtsoratorium gehört – kulturell gesehen – zur Weihnachtszeit dazu wie im Häuslichen das Tannenbaumschmücken oder das Plätzchenbacken. Am Sonntagabend waren dicht besetzte Kirchenbänke in der Reutlinger Christuskirche die Folge einer Aufführung der ersten drei Teile und des letzten Teils des Bach’schen Oratoriums.

Doch mit diesem Konzert verknüpfte sich noch mehr: das 25-jährige Dirigentenjubiläum Martin Künstners bei der Betzinger Sängerschaft. Im Anschluss an die Aufführung überreichte Reutlingens Bürgermeister Thomas Keck dem »philharmonischen Feuerkopf« den Reutlinger Sängerring und rühmte sein gutes musikalisches Gespür und seine Leidenschaftlichkeit.

Die 25 Jahre unter solch sachkundiger und engagierter Leitung sind dem Chor deutlich anzumerken. Das »Jauchzet, frohlocket« des Beginns war buchstäblich zu nehmen, bemerkenswert große Entfaltungen waren möglich und von Künstner gezielt eingesetzt. Auf dynamische Modifikationen gingen die Sängerinnen und Sänger beflissen ein, nahmen jede Geste Künstners zur Kenntnis und ließen sich auch in den Chorälen auf jegliche textausdeutende Idee ein.

Gemeinsam mit Kindern der Ludwig-Krapf-Schule, einer Grundschule in Tübingen-Derendingen, unter der Leitung von Julia Przybylik, wurden die Choräle gestaltet und Künstner wendete sich gezielt auch den begeistert mitsingenden Kindern zu. Mitglieder der Württembergischen Philharmonie Reutlingen formten das Orchester. Schlicht und gleichzeitig ergreifend wurde musiziert, in höchster Qualität, konzentriert, durchdrungen und immer wieder tragend. Selbst den großen Chorklang tragend, stützend und unterstützend. Die strahlenden Trompeten blitzten regelmäßig hervor wie der den Hirten leuchtende Weihnachtsstern. Die Pauken potenzierten die Freude, aber auch innige Momente entstanden eindringlich mit einzelnen hervortretenden Instrumentalisten.

In den Rezitativen und insbesondere den Arien konnte man demütig lauschen, sich erfreuen, Beschwernisse ablegen. Johanna Kapelari war ein überaus sanfter und klarer Sopran, der ohne Üppigkeit den musikalischen Gegebenheiten gegenübertrat, während Mirjam Kapelari ihre ausgewogene und sonore Alt-Stimme sensibel in den Instrumentalklang bettete.

Wandelbar war Juan Pablo Marins Tenor, mal strömend, unangestrengt, dann wieder konzentriert und straff. Als edel und schlank offenbarte sich Ulrich Wands Stimme, hier als Bass zuständig, doch den trefflich flexiblen und biegsamen Bariton wurde man durchaus gewahr.

Martin Künstner hat sich für sein Jubiläum mit der Betzinger Sängerschaft Musik ausgesucht, in der man sich selbst begegnen konnte; in der man Lobpreis und innerlich empfundene Huld zugleich vorfand, mit Sicherheit und Transparenz vorgebracht; in der einem anhand der biblischen Geburtsgeschichte ein würdiges Einstimmen auf das Weihnachtsfest zuteil wurde. (GEA)

 

OB Thomas Keck (links) übergibt Martin Künstner den Sängerring.  FOTO: SPIESS
OB Thomas Keck (links) übergibt Martin Künstner den Sängerring. FOTO: SPIESS
OB Thomas Keck (links) übergibt Martin Künstner den Sängerring. FOTO: SPIESS

ZUR PERSON

Martin Künstner hat die Klassik-Szene vielfältig geprägt

Der 1958 in Köngen geborene Martin Künstner studierte Oboe an der Staatlichen Musikhochschule in Stuttgart und absolvierte danach ein Studium der Kirchenmusik. 1983 kam er als Solo-Oboist zur Württembergischen Philharmonie Reutlingen. Parallel zu seiner Tätigkeit als Orchestermusiker leitete er von 1988 bis 1997 die Paulus-Kantorei Sickenhausen und gründete 1993 den Philharmonia Chor. 1994 hat Martin Künstner auch die Leitung der Betzinger Sängerschaft übernommen und setzte die anspruchsvolle musikalische Linie seines langjährigen Vorgängers Karl-Hermann Mäder fort. Thomas Keck verwies zudem auf seine zahlreichen Konzertreisen, die Beteiligung an der festlichen Einweihung der Reutlinger Stadthalle und die Classic Night im Stadion, die auf Künstners Impuls zurückging und durch seine künstlerische Leitung geprägt war. (jüsp)