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Romantik und Glaubenskraft: »Coro Nuovo« in der Reutlinger Auferstehungskirche

In der voll besetzten Reutlinger Auferstehungskirche konzertierte am Sonntag das Chorprojekt »Coro Nuovo« mit geistlichen Werken von Felix Mendelssohn Bartholdy. Sopran-Solistin war Brigitte Häberli, die Leitung hatte Erwin Nothacker.

Brigitte Häberli als Solistin im Chorkonzert.
Brigitte Häberli als Solistin im Chorkonzert. Foto: Susanne Eckstein
Brigitte Häberli als Solistin im Chorkonzert.
Foto: Susanne Eckstein

REUTLINGEN. Nun hat Erwin Nothacker erneut – interimsweise – »seine« Kirchenchöre in Degerschlacht und Sickenhausen übernommen und mit dem evangelischen Kirchenchor Waldachtal zu dem gemeinsamen Projekt »Coro Nuovo« ergänzt. Mit Waldachtal verbinden ihn verwandtschaftliche Beziehungen, und mit dem nunmehr etwa 60-köpfigen neuen Chor hat er Felix Mendelssohn Bartholdys »Lauda Sion« und den 42. Psalm (»Wie der Hirsch schreit«) gründlich einstudiert, assistiert durch ein zuverlässiges Instrumentalensemble namens Camerata Sinfonica.

Für Laienchöre und Liebhaberorchester sind diese Meisterwerke der Romantik eine Herausforderung; doch offensichtlich waren alle Beteiligten Feuer und Flamme, sodass nun zwei geglückte Aufführungen – erst in Waldachtal, nun in Reutlingen in der Auferstehungskirche – zu verzeichnen sind.

Weihe- und Festmusik

Dunkle Bläserklänge leiten das »Lauda Sion« ein, Singstimmen treten hinzu, eine Weihe- und Festmusik entfaltet sich in vollen Akkorden, sicher geleitet durch den erfahrenen Chorleiter. Mendelssohn hat dieses Stück als Auftragswerk für eine Fronleichnams-Hundertjahrfeier in Liège/Lüttich 1846 geschrieben, der lateinische Hymnus huldigt der Wandlung von Brot und Wein. Männer- und Frauenstimmen wechseln sich ab mit Sopran-Soli, gesungen von Brigitte Häberli.

Alle Beteiligten widmen sich nicht nur dem Notentext, sondern auch seiner Aussage: dem Geheimnis des Sakraments, erfahrbar in verhaltener Gestik und sinnfälliger Phrasierung; die Streicher zaubern lichten Himmel darüber, das Amen endet in schlichtem Wohlklang.

Virtuoser Wurf

Eine brillante Brücke zwischen die Chorwerke (und über die Erholungspause für die Choristen) legt Michael Aicheler mit der Orgel-Toccata in G von Théodore Dubois. In der trockenen Akustik der Auferstehungskirche geht der obertonreiche Klang direkt ins Ohr, kontrastiert durch weiche Episoden; Aicheler gelingt ein virtuoser Wurf, wie sich’s für eine Toccata der französischen Orgelromantik gebührt.

Das zweite große Werk des Konzerts ist der 42. Psalm von Felix Mendelssohn Bartholdy, ein persönlicheres Bekenntnis als »Lauda Sion«. Das bringt auch der große Projektchor mitsamt dem Instrumentalensemble gut zur Geltung: in weich wiegender Bewegung, farbiger Harmonik und sehnsüchtig-romantischem Gestus, überstrahlt durch die helle Solostimme von Brigitte Häberli. Als Motto des Werks wird der Ruf »Harre auf Gott« kraftvoll herausgehoben, gekrönt und beschlossen wird es durch den bemerkenswert sicher intonierten, fugierten Jubelchor »Preis sei dem Herrn«. Das Publikum wiederum beantwortet die beeindruckende Gemeinschaftsleistung mit stehenden Ovationen. (GEA)