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Reise mit der magischen Bahn: Grobschnitt rocken im Sudhaus Tübingen

Grobschnitt gehörten zu den Krautrock-Größen der 1970er-Jahre. Nun gab die legendäre Band aus Hagen ein akustisches Konzert im Sudhaus. Und spielte dabei auch ein epochales Epos.

Wenn der Vater mit dem Sohne: Willi Wildschwein und Nuki beim Auftritt mit Grobschnitt im Sudhaus.
Wenn der Vater mit dem Sohne: Willi Wildschwein und Nuki beim Auftritt mit Grobschnitt im Sudhaus. Foto: Thomas Morawitzky
Wenn der Vater mit dem Sohne: Willi Wildschwein und Nuki beim Auftritt mit Grobschnitt im Sudhaus.
Foto: Thomas Morawitzky

TÜBINGEN. Es ist eine lange Reise, die sie sich vorgenommen haben, am Samstagabend. 1971 gründeten sich Grobschnitt. Die Band aus Hagen in Nordrhein-Westfalen wurde zu einer der erfolgreichsten des nebulösen Genres Krautrock. Zu jener Zeit waren sie auch in Tübingen: »Unser letztes Konzert, es war zugleich unser einziges Konzert in Tübingen, hat vor 50 Jahren in der Aula der Mensa der Universität stattgefunden«, sagt Lupo alias Gerd Otto Kühn, der damals schon dabei war. Und wird sogleich verbessert. Denn im Saal des Sudhauses, zu gut zwei Dritteln gefüllt, sitzen nicht nur welche, die vor 50 Jahren in der Mensa waren, sondern auch solche, die Grobschnitt im Zentrum Zoo erlebt haben. Was gewiss auch kaum erst gestern war.

Die Fans sind gealtert, die Künstler auch. Eine Anekdote, die Lupo erzählt, verdeutlicht das aufs Schönste. Nach Veröffentlichung ihres ersten Albums, sagt er, starteten Grobschnitt ihre erste Welttournee in Büsum, Schleswig-Holstein. Ihr Konzert wurde zum Eklat – der Hausmeister der Büsumer Freizeithalle zog den Stecker, »weil die Band der mehrmaligen Anordnung, leiser zu spielen, nicht nachgekommen war«. Nachbarn samt Hausmeister fühlten sich gestört, die 56 Besucher des Konzertes erhielten ihre 2,50 DM Eintrittsgeld zurück.

Aus Progressive wird Akustik

53 Jahre später sind Grobschnitt wieder unterwegs und spielen ihre »Acoustic Party Tour«. Das ist auch nicht ganz leise, würde dem Hausmeister aber womöglich besser gefallen. Auf der Bühne sind zwei Gründungsmitglieder: Lupo und Willi Wildschwein (Stefan Danielak) spielen Gitarre. Der Dritte im Bunde ist Nuki, Stefan Danielak jr., ein Sohn. Auch er musiziert fabelhaft, auf Gitarre und Percussion. Und er erzählt gelegentlich von seiner Kindheit, davon, wie er die Konzerte des Papas als Siebenjähriger erlebte.

Grobschnitt lösten sich 1989 auf. Seit 2019 geben sie wieder als Trio ihre akustischen Konzerte – präsentieren also eine Musik, die einst mit rauschhafter Größe beeindruckte, in reduzierter Variante. Und das funktioniert, denn Lupo, Wildschwein und Nuki zaubern die Rhythmen und die großen Spannungsbögen der Grobschnitt-Musik mit Hingabe aus ihren Instrumenten. Dass Grobschnitt in ihrer besten Zeit vor allem auf weitschweifende Melodien setzten, die sie zu kleinen Epen aufbauten, kommt ihnen zupass. Die akustischen Gitarrenklänge fließen aufs Schönste ineinander, weben Teppiche aus innerem Glanz, der Gesang von Willi Wildschwein klingt kräftig wie in alten Zeiten.

Ewiges Improvisationswerk

Neben Favoriten wie »Wonderful Music« und »Magic Train« spielen Grobschnitt ihre Rock-Oper »Rockpommel’s Land«, einige Stücke des Albums »Illegal« von 1981 (Jubelrufe aus dem Publikum) und schließlich ihr ewiges Improvisations-Werk »Solar Music«, ein Stück, das sich im Laufe der Jahrzehnte stetig veränderte, und das bei früheren Konzerten manchmal Stunden dauerte. Im Sudhaus ist es kürzer; vor der Bühne beginnen dennoch Menschen zu tanzen wie in Trance. Gut drei Stunden dauert die ganze magische Reise durch Grobschnitts wunderbare Welt der Klänge. (GEA)