REUTLINGEN. Sieg nach Punkten am Theater Reutlingen Die Tonne: Die Publikumsjury der 14. Monospektakel-Ausgabe (dieses Jahr bestehend aus Hannah Grauer, Barbara Meinhardt, Annegret Pfeifle-Reiser, Margit Schwarzmann und Henry Popp) hat die Inszenierung »Prima Facie« des Theaters Baden-Baden beim Solo-Festival 2025 auf den ersten Platz gewählt. Der Sieg geht damit an Schauspielerin Christina Thiessen und an Regisseurin Susanne Frieling – womit letzterer die Titelverteidigung gelingt: Ihre Inszenierung »Karl!« hatte im letzten Jahr ebenfalls gewonnen.
In »Prima Facie« geht es um eine Anwältin, die sich auf die Verteidigung sexueller Straftäter spezialisiert hat und damit ein gutes Leben führt, bis sie selbst Opfer eines Übergriffs wird. Die Entscheidung der Jury fiel nach kurzem Austausch mithilfe eines von den Mitgliedern selbst festgelegten Punktesystems: Jedes Mitglied konnte insgesamt zehn Punkte auf jeweils drei der sieben teilnehmenden Stücke aufteilen.
Hohe Aktualität und Relevanz
Zusätzlich zum authentischen und leidenschaftlichen Spiel von Christina Thiessen bescheinigte die Publikumsjury »Prima Facie« eine hohe Aktualität und gesellschaftliche Relevanz durch seinen Beitrag zur »Me-Too«-Debatte, die in den vergangenen Jahren Erfahrungen sexueller Übergriffe an Frauen in den Fokus rückte. Fast alle Festivalstücke hätten mit dem Publikum gespielt, »Prima Facie« aber habe das gesamte Publikum auf eine besondere Art einbezogen.
Nach einer anfänglich starken Verbrüderung mit den Menschen im Raum erfährt diese Beziehung einen Bruch im Moment des sexuellen Übergriffs, die Figur zieht sich daraufhin zurück. So fühle sich das Geschehen sehr persönlich an und sensibilisiere dafür, dass Übergriffe dieser Art auch im eigenen Umfeld passieren. Durch gemeinsames Abstimmen am Ende des Stücks werde außerdem der Raum geöffnet für viele Perspektiven aus der ganzen Gesellschaft.
Auf Platz zwei landete die Performance »Lie With Me« mit Riah Knight, auf Platz drei wurde die KI-Dystopie »Wonderland Ave.« mit Magnus Pflüger gewählt, Platz vier ging an »Freiheit ist ein anderer Ort« über das Leben der Bildhauerin Camille Claudel mit Regina Speiseder. Die Jurymitglieder selbst lobten die breit angelegte Mischung der eingeladenen Stücke. Die Diskussion um die Stücke sei in der Jury immer auf einer sachlichen Ebene geführt worden. Der Festivalpreis geht nun auf die Reise zum Team um Regisseurin Susanne Frieling, das am letzten Festivalabend bereits abgereist war. (eg)