REUTLINGEN. Viele Jahre war das Kreuzeiche-Stadion nicht nur Sport-Arena, sondern auch Kulturtempel. Doch seit der Philharmonia Chor seine Serie mit der jährlichen Classic Night beendete, herrschte kulturelle Flaute auf dem Rasen. Ein Pop-Wochenende mit Santiano und Wincent Weiss 2018 blieb Episode, genauso ein Auftritt 2022 von Comedian Teddy Teclebrhan, der inzwischen große Stadien füllt.
Doch nun wagt ein Reutlinger Veranstalter-Urgestein einen neuen Anlauf. Heinz Bertsch will im Sommer 2024 Rock-Pop ins Stadion bringen. Vom 4. bis zum 7. Juli plant er vier Tribute-Shows in der Fußball-Arena. Den Anfang macht die Udo-Jürgens-Hommage »SahneMixx« am 4. Juli, gefolgt vom stimmgewaltigen Pop-Klassik-Reigen der 12 Tenors am 5. Juli, der Schwedenpop-Sause »One Night With Abba« am 6. Juli sowie einem Simon & Garfunkel-Tribute und Elvis-Imitator Rusty am 7. Juli.
Vom Wetter unabhängig
Aufs Kreuzeiche-Stadion kam Bertsch, weil er auf der Suche war nach einem wetterunabhängigen Veranstaltungsort im Freien. Im Gegensatz zu den früheren Veranstaltern will Bertsch die Bühne nicht auf dem Fußballfeld aufbauen, sondern am Rand, direkt vor der Zuschauertribüne. Damit alle auf die Bühne sehen, will er nur den mittleren Tribünenbereich verwenden. Dort finden etwa tausend Besucher platz - alle unterm Tribünendach. Die Zuschauerplätze auf dem Rasen, die früher immer mal wieder eine Dusche abbekamen, gibt es in Bertschs Konzept nicht. Weiterer Vorteil aus seiner Sicht: Die Zuschauer sind dicht dran am Geschehen. »Da springt der Funke viel schneller über«, ist der Veranstalter-Grandseigneur überzeugt.
Thema bei Konzerten im Stadion war immer der Lärmschutz - die Hochhäuser des Hohbuchs sind nicht weit weg. Dem begegnet Bertsch mit frühen Anfangszeiten. Von Donnerstag bis Samstag beginnen die Konzerte bereits um 18.30 Uhr; beim Doppelkonzert mit Simon & Garfunkel- und Elvis-Tributes am Sonntag geht es um 15 und um 18 Uhr los. Die Nachtruhe dürfte somit gewahrt bleiben. Zudem betont Bertsch, er habe selbst am Plattenteller seiner Diskothek Black Mustang stets die Devise gehabt, dass Musik nicht durch Lautstärke überzeugen soll. »Die Musik soll für die Zuhörer zum Genießen sein, sie soll sie nicht erschlagen.«
Veranstalter-Urgestein
Bertsch ist ein Urgestein der Reutlinger Veranstaltungsszene. Mit seiner 1967 eröffneten Diskothek Black Mustang belebte der gelernte Schaufensterdekorateur jahrzehntelang das Nachtleben. Er schickte Musical-Ensembles auf Tournee, holte die Spider Murphy Gang in die Listhalle, auch Open-Air-Konzerte hat er veranstaltet, wobei sich sein »Echaz-Festival« als finanzielles Waterloo entpuppte. Auch im Kreuzeiche-Stadion war er bereits als Veranstalter aktiv, jedoch nicht kulturell: In den 70ern holte er die damalige Bundesliga-Spitzenmannschaft von Herta BSC Berlin an die Achalm.
Jetzt sorgt Bertsch also für Kultur am und unterm Stadiondach. Wen genau bringt er da ins Stadion? Hinter der Udo-Jürgens-Show »SahneMixx« verbirgt sich ein ganzes Musiker-Kollektiv. Dazu gehören die Sänger-Pianisten Hubby Scherhag, Achim Brochhausen und Wolfram Schmitz, die Sängerinnen Jutta Cappallo und Andrea Neideck, Trompeter Uwe Schmidt, Posaunist Daniel Seemann, Saxofonist Thilo Willach, Gitarrist Timo Schulz, Bassist Micky Koll und Schlagzeuger Heiko Busch. Der Udo-Jürgens-typische Tasten-Drive dürfte also genauso rüberkommen wie die unerlässliche Band-Power.
Konzertinfo
Am Donnerstag, 4. Juli, ist im Reutlinger Kreuzeiche-Stadion die Udo-Jürgens-Show "SahneMixx" zu Gast (18.30 Uhr). Am Freitag, 5. Juli, folgen "The 12 Tenors" (18.30 Uhr). Am Samstag, 6. Juli, ist die Tribute-Show "One Night With Abba" zu erleben (18.30 Uhr). Am Sonntag, 7. Juli, kommt um 15 Uhr die Simon & Garfunkel Revival Band, um 18 Uhr beschließt Elvis-Darsteller Rusty den Reigen. Bis 31. Januar gibt es auf die Karten 15 Prozent Frühbucher-Rabatt. (GEA)
Hinter der Truppe »The 12 Tenors« verbergen sich Alexander Herzog, Joshua Smith, Martin Holtgreve, Gareth Evans, Julian Quijano, Will May, Matthew Facchino, Daniele Alan-Carter, Maciej Dziemianczuk, Peter Horvath, Flavio Gismondi, Pasquale Girone und Daniel Hall. Sie haben teils eine teils klassische, meist aber eine Musical-Gesangsausbildung. Ihr Bogen reicht von Oper bis Rock, von Puccinis »Nessun Dorma« bis zu Queens »Bohemian Rhapsody«.
Die von Thomas Bleser ins Leben gerufene Tribute-Show »One Night With Abba« ist 2022 mit dem Deutschen Rock & Pop-Preis ausgezeichnet worden. In die Rollen der Sängerinnen Agnetha und Anni-Frid schlüpfen dabei Linda Mikulec und Simone Kerchner. Den Popsound für ihre Stimmen legen Gitarrist Florian Brettschneider, Keyboarder DD Dhörn, Bassist Andreas Düro und Schlagzeuger Thomas Bleser.
Siegreicher Imitator
In die Rollen von Paul Simon und Art Garfunkel schlüpfen am 7. Juli Michael Frank und Guido Reuter. Frank steuert zudem Gitarrenklänge bei, Reuter Flöten- und Geigensoli. Dazu kommen Sebastian Fritzlar an Keyboard und Bass sowie Ingo Kaiser am Schlagzeug.
Hinter dem Elvis-Imitator Rusty verbirgt sich der Österreicher Rudi Stumbecker. Ihm gelang 1991 das Kunststück, aus einem Wettbewerb von über 4.000 Elvis-Imitatoren im kalifornischen Palm Springs als Sieger hervorzugehen. Seither war er auf Kreuzfahrtschiffen unterwegs, hat auf der Weihnachtsfeier des FC Bayern München gesungen, ist mehrmals in Las Vegas aufgetreten, war 2013 auf China-Tournee und hat 2019 das Goldene Verdienstzeichen des Landes Salzburg bekommen. Und nun kommt er ins Kreuzeiche-Stadion. (GEA)