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Aktuell Ausstellung

Papiere von Wert in der Kreissparkasse Pfullingen

Sechs Künstlerinnen und Künstler zeigen in der Kreissparkasse in Pfullingen ihre Werke

Markus Wilkes Mischtechnik-auf-Papier-Arbeit »Paper on Paper« (Ausschnitt).  FOTOS: STRÖHLE
Markus Wilkes Mischtechnik-auf-Papier-Arbeit »Paper on Paper« (Ausschnitt). Foto: Christoph B. Ströhle
Markus Wilkes Mischtechnik-auf-Papier-Arbeit »Paper on Paper« (Ausschnitt).
Foto: Christoph B. Ströhle

PFULLINGEN. Dass die auf eine lange Tradition zurückblickende Kunstförderung der Kreissparkasse Reutlingen mit einem neuen Format und mit Kunstthemenjahren aufwartet, findet jetzt in einer Ausstellung in der Filiale am Pfullinger Lindenplatz seinen sichtbaren Niederschlag. Werke von sechs Künstlerinnen und Künstlern, die aus dem Landkreis stammen oder eng mit ihm verbunden sind, sind dort bis zum 14. Mai versammelt.

Das Geldhaus lud Kunstschaffende ein, Werke zum Thema »(Wert-)Papier« einzureichen. Aus über 40 Positionen wählte eine fünfköpfige Jury 13 aus. Teil zwei der Schau ist für den Herbst in Münsingen geplant. Die Kreissparkasse kooperiert bei diesem Projekt mit der Volkshochschule Bad Urach-Münsingen und dem Kunstverein Reutlingen.

Recycling-Gedanke

Beim Betreten der Kundenhalle in Pfullingen fällt sofort Markus Wilkes großformatige, cinemascopehaft breite Mischtechnik-auf-Papier-Arbeit »Paper on Paper« ins Auge. Anhand fotografischer Vorlagen von Verpackungsmüll, Industrieabfällen und Schrott transformiert der Reutlinger Künstler seit Jahren gegenständliche Malerei in abstrakte All-over-Kompositionen. Dabei trägt jedes Detail gleichberechtigt zur Komposition bei. Dass es auch in dem ebenfalls gezeigten Acrylgemälde »Squash« weder Vorder- noch Hintergrund gibt – für Wilke ein Hinweis, »dass der Wert an sich erst durch eine Bewertung stattfindet«. So verhalte es sich auch mit dem Wertpapier. Mit dem Ziel der Wertsteigerung werde es durch Algorithmen, Prognosen, Panik oder gar durch Luftbuchungen definiert.

»Der DAX(CHS) im Corona-Jahr 2020« von Alexandra Schmidt.
»Der DAX(CHS) im Corona-Jahr 2020« von Alexandra Schmidt. Foto: Christoph B. Ströhle
»Der DAX(CHS) im Corona-Jahr 2020« von Alexandra Schmidt.
Foto: Christoph B. Ströhle

Bei alledem schwingt für Wilke der Gedanke mit, dass zur Wertschöpfung auch das Recycling beiträgt, wie er der Presse vor Ort erklärte. »Es liegt also an uns, wie wertvoll etwas für uns ist.« Eine Vernissage zur Ausstellung gab es nicht, allerdings waren fast alle Künstler und ein Teil der Jury zur Pressevorstellung der Schau gekommen.

Der Frage, wie sich die Coronakrise auf den deutschen Wertpapier-Markt ausgewirkt hat, geht die Filz-Künstlerin Alexandra Schmidt in einer Installation nach. »Der DAX(CHS) im Corona-Jahr 2020« heißt das Werk. Ein aus Wolle gefertigter Dachs wird da von einer goldenen Klopapierrolle erschlagen. Der Künstlerin ging es darum, auf witzige Art zu zeigen, wie durch eine Krisensituation Wertpapiere an Wert verlieren und einfache Dinge wie Toilettenpapier zu etwas Besonderem werden.

Liebesbrief und Sterbeurkunde

»Wert! Papier«, eine Collage aus Merinowolle und Papier, Nassfilz und Reservierungstechnik, stammt ebenfalls von Alexandra Schmidt. »Was bedeuten für mich Wert-Papiere? Welche Papiere sind für mich persönlich wichtig«, fragte sich die Künstlerin und hat etliche davon in ihr Werk eingearbeitet: ein Stück eines alten Liebesbriefs etwa, den ersten Fußabdruck ihres Sohnes, die Sterbeurkunde ihres Vaters oder den Flyer zur Ausschreibung der aktuellen Ausstellung.

Christoph Menschels Collage »Balance«.
Christoph Menschels Collage »Balance«. Foto: Christoph B. Ströhle
Christoph Menschels Collage »Balance«.
Foto: Christoph B. Ströhle

Der Münsinger Christoph Menschel lässt in zwei Collagen, die »Balance 1« und »Balance 2« betitelt sind, Akrobaten und Zirkusreiterinnen vor Börsennotierungen balancieren.

Die junge Künstlerin Jasmin Oettle hat mit den Mitteln von Aquarell und Collagentechnik ein menschenähnliches Wesen geschaffen, das zusammengekauert in seinem Nest aus Papier liegt. Schutzlos ist es, besitzt weder Krallen zur Verteidigung noch Fell als Schutz vor Kälte. »Seine einzige Spezialisierung scheint seine Möglichkeit, Papier einen Wert zu geben, zu sein«, steht im Begleittext. Das Werk Oettles trägt den Titel »Unperson«.

AUSSTELLUNGSINFO

Die Ausstellung »(Wert-)Papier« in der Schalterhalle der Kreissparkasse in Pfullingen, Lindenplatz 2, ist bis zum 14. Mai zu sehen. Geöffnet ist Montag bis Freitag von 9 bis 12.30 Uhr und von 14 bis 17 Uhr. (GEA)

Die Malerin Xenia Muscat thematisiert die Hyperinflation der 1920er-Jahre. Im Aquarell »Fünf Milliarden Mark« taucht ein Geldschein von 1923 mit ebendieser Wertnotierung auf. Die Rückseite blieb damals unbedruckt – der Aufwand hätte sich nicht gelohnt, die Inflation galoppierte. Das Bild zeigt, kopfüber dargestellt, einen Arbeitslosen, abgemalt nach einem Bild von August Sander. Zudem sieht man weitere Gesichter, geblendet und umringt von den Nullen der Geldnote. »Ich dachte daran, dass Geld an sich keinen Wert darstellt – die Sicherung der Grund- und Kulturbedürfnisse vorausgesetzt«, sagt Xenia Muscat dazu.

Raphael Verscheure ist mit einer Tusche-auf-Papier-Arbeit vertreten: »Herbstgold« aus der Werkserie »Holz«. Er inszeniert seine Arbeit, indem er das Papier mit Tusche als Baumrinde darstellt und so der Quelle des Papiers ihr ehemaliges Aussehen zurückgibt. Er will sein Werk als Hommage an den Baum verstanden wissen. (GEA)