REUTLINGEN. Geburtstagsparty in der fast ausverkauften Stadthalle: 25 Jahre schon sorgt das Kölner Stand-up-Comedy-Format »Nightwash« für Lacher. Für manch einen war die Show ein Karrieresprungbrett. Bekannte Comedians wie Felix Lobrecht, Carolin Kebekus oder Faisal Kawusi hatten dort ihre ersten Auftritte. In Reutlingen waren am Freitagabend eher die Newcomer am Start.
Ben Schafmeister moderierte mit viel unverschämtem Witz und Energie. Das Publikum ist Teil der Show. Schafmeister scheut nicht den Kontakt. Er bedient sich regelrecht an seinen Zuschauern, greift sich eine »Milf« und zwei etwas angetrunkene junge Frauen heraus. Steffen, der zu spät kommt, bekommt von den etwa 900 Zuschauern einen extra Applaus, als er sich durch die Tür schleicht. Schafmeisters Lieblingsopfer des Abends ist aber »Ernscht«. Der Senior »darf« sogar auf die Bühne. Selbstironie beweist Schafmeister, als er sein Tourette-Syndrom thematisiert. Sein Kopf zuckt häufig zur Seite. Beim Taxifahren führe das zu Verständigungsproblemen, dafür klappe beim selber Autofahren der Schulterblick.
Alltag eines Singles
Serkan Ates-Stein darf als erster Gast-Comedian auf die Bühne. Er packt aus seinem Single-Leben aus. So erzählt er, wie er wenige schöne Minuten mit einer Fliege hatte – endlich wieder ein bisschen Körperkontakt. Er erzählt von seinem FSJ-Einsatz im Altenheim: »Den Dementen fallen Lieder aus ihrer Kindheit ein. Ich war ja in einem katholischen Jungeninternat. Dann werde ich ja 'Laudato si' oder 'Danke für diesen guten Morgen singen'«, scherzt er. Das wird natürlich gleich mit dem Publikum eingeübt. Denn Singen kann Ates-Stein wirklich gut, fast noch besser aber Beatboxen. Was er in einer Apache-207-artigen Version der Kirchenlieder beweist.
Coremy ist da krawalliger aufgelegt. Sie springt mit Gitarre bewaffnet auf die Bühne. Eine Bandana um den Kopf, eine bunte Jacke – aber friedlich-hippiemäßig ist sie nicht. Dann legt sie los mit einem Rap über ihren Oberlippenbart und andere Körperbehaarungen. Auch wenn sie voller Energie agiert, so richtig zündet das nicht.
Nackt unterm Poncho
Karo Bender nimmt mit viel Selbstironie ihr Übergewicht auf die Schippe. »Ich bin zweimal geschieden und seit zehn Jahren Single, und langsam vermute ich, dass es an mir liegt«, sagt die Bremerin. So sei sie extrem unordentlich. »Ich habe mal dem Postboten aufgemacht, nackt in einem Regenponcho. Schließlich liegen die ungewaschenen Klamotten ja überall in der Wohnung rum.« Die 35-Jährige erklärt den Zusammenhang zwischen Männern und Muffins. Da gibt's die gesunden Gemüsemuffins, die einen liebevoll pflegen, wenn man krank ist, aber auch die bösen Schokomuffins, bei denen frau in einer Nacht fünf Orgasmen hintereinander hat. Teils artet ihr Auftritt in sexuelle Vulgaritäten aus, die man nicht unbedingt in einer Zeitung lesen muss.
Nach der Pause dürfen Bender und Ates-Stein nochmal auf die Bühne. Dazwischen berichtet Christin Jugsch über einen Wanderurlaub mit ihrem Freund. Konkret darüber, dass sie als Rothaarige Lichtschutzfaktor 3.000 braucht und dass sie 30 Sekunden lang furzen kann. Wie oft an diesem Abend erlebte man bei ihr eher Humor der einfachen Sorte. Was beim Publikum generell aber gut ankam. Am Ende der Show singt Schafmeister ein selbstkomponiertes Lied für »seinen Ernscht«. Alle schunkeln mit. (GEA)