Am Donnerstag im Tübinger Sudhaus startete der Selbstversuch: Wiedersehen und Wiederhören nach fast 20 Jahren. Das Warmwerden dauert – etwa drei Sekunden. Auf der Bühne, vor knapp 250 Leuten, steht noch immer ein ungleiches Paar, der eher zierliche Ezio Lunedei und sein Kompagnon Mark »Booga« Fowell, ein stiller, freundlicher Koloss. Zwei Gitarren, ein Mikrofon, zeitlose Musik. Akustisch-minimalistisch und umso intensiver und glaubwürdiger. Die Bandbreite ist enorm. Unaufgeregt erzählende, teils tieftraurige Lieder wechseln sich ab mit rhythmisch peitschenden Songs, bei denen das mitgealterte Publikum ganz jugendlich wippt.
Wer seit Jahrzehnten als großes Talent gilt und trotzdem immer noch die kleinen Bühnen bespielt, hat es vielleicht nicht geschafft. Ist vielleicht aber auch einfach er selbst geblieben und hoffentlich halbwegs glücklich in einem Parallel-Universum außerhalb der kommerziellen Musikindustrie. Wobei derzeit ja Authentisches mit Straßenmusik-Lagerfeuer-Charme durchaus verkauft wird, siehe Ed Sheeran. Darüber sinniert man, während Lunedei vorne mit den Fans plaudert, als wären alle alte Freunde – aber wahrscheinlich ist es auch so.
An Lunedei ist ein Komödiant verloren gegangen. Zwischen den Titeln wird herzlich gelacht. Und wenn er am Ende darum bittet, dass man nicht »Zugabe« rufen möge, weil dies für ihn immer klinge wie Kannibalen, die um den Kessel tanzen, dann rufen die Schwaben halt »Wurstsalat«. Und kriegen ihre Zugaben.
Die Kritikerin war einen ganzen Abend lang herzlich unsachlich und hat lauthals mitgesungen. Wer mag, darf das sehr gern als Empfehlung nehmen, sich Ezio zu merken. Die nächste Tournee kommt ganz bestimmt. (GEA)