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Aktuell Orgelkonzert

Martin Neu würdigt in der Reihe »Taste und Ton« Herbert Baumann

Um den Komponisten Herbert Baumann zu würdigen, setzte Kantor Martin Neu im Storlach ein Sonderkonzert in der Reihe »Taste und Ton« an. Er spielte an dem Abend choralgebundene und freie Orgelwerke auch von anderen Komponisten.

Martin Neu an der Orgel der St.-Peter-und-Paul-Kirche im Storlach.
Martin Neu an der Orgel der St.-Peter-und-Paul-Kirche im Storlach. Foto: Christoph B. Ströhle
Martin Neu an der Orgel der St.-Peter-und-Paul-Kirche im Storlach.
Foto: Christoph B. Ströhle

REUTLINGEN. »Sehr offen; ein warmherziger und humorvoller Mensch« - so beschreibt Martin Neu, Kantor an den Reutlinger Kirchen St. Peter und Paul und St. Elisabeth, den Komponisten und Dirigenten Herbert Baumann, der Ende Juli 100 Jahre alt geworden wäre. Ihm zu Ehren schob Neu in der St.-Peter-und-Paul-Kirche ein Sonderkonzert in der Reihe »Taste und Ton« ein, in dem er Baumanns Stück »Con un corale (O Jesus Christ, meins Lebens Licht)« aus dem Jahr 2010 spielte. Neu hatte den 1925 in Berlin geborenen, 2020 in München gestorbenen Komponisten, der über 500 Bühnenmusiken (unter anderem für das Wiener Burgtheater, das Berliner Schillertheater und das Münchner Residenztheater) schuf und aufführte, persönlich kennengelernt.

Auf sehr kreative Weise hat Baumann in »Con un corale« den Cantus firmus mit verschiedenen Motiven verknüpft. Ein Hauch von Pentatonik lag in dem farbig registrierten Stück in der Luft, huschende Passagen waren zu hören, sanfte, klar gesäumte. Und das Erhabene hielt Einzug in die Musik, eine kompromisslose Strahlkraft, mit der die Darbietung endete.

Verzierungsreiches Spiel

Neu, der das Publikum durchs Programm führte, interpretierte an dem Abend weitere choralgebundene und freie Orgelwerke, darunter Stücke aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts von Manuel Rodrigues Coelho und Francisco Correa de Arauxo. Coelhos »Ave Maris Stella« gestaltete Neu auf der Orgel im Wechsel mit gesungenen Linien von Jürgen Schröter (Bass). Dem Kantor war darin die Textzeile »Verwurzle uns im Frieden« aufgefallen. »Aktueller denn je«, befand Neu. Ein hell, warm und sanft klingendes, verzierungsreiches Spiel wuchs in dem Stück zum feierlich großen Ton an. Die Oberstimme, die sich in Arauxos »Tiento de medio registro de tiple de octavo tono« frei bewegt, erinnere ihn an den maurischen Baustil, sagte Neu, der von Johann Sebastian Bach das fein gezeichnete, liebliche »Adagio e dolce« (BWV 527/2) folgen ließ.

Von Louis Vierne spielte Neu das kunstvoll einen Schwebezustand erzeugende Tongemälde »Clair de lune«, in dem die Zeit wie aufgehoben schien. Anspruchsvoll, für den Interpreten wie die Zuhörerinnen und Zuhörer, wurde es mit dem den Abend beschließenden Stück »Volumina« (1961/62) von György Ligeti, das zu den Klassikern der Neuen Musik zählt. Neu ließ hier nach einem anfänglich wuchtigen Impuls Cluster und Interferenzen entstehen, erzeugte Schwebungen und flirrende Effekte. Nicht Melodie und Rhythmus waren es, die diese Klangraumkomposition strukturierten, sondern Variationen der Klangfarbe und -fülle, wobei am Ende die Orgel an ihre Grenzen gebracht wurde, indem durch das Ausschalten des Motors die Windversorgung der Pfeifen nach und nach zusammenbrach. (GEA)