STUTTGART. Kelly Family – war da mal was? Stuttgart kenne sie von einem Straßenkonzert vor mehr als drei Jahrzehnten, erzählt Maite Kelly. Zur Mitte des Konzerts in der Porsche-Arena singt sie »Stars Fall From Heaven« von 1996, betont aber, dass sich ihre Stimme seitdem komplett verändert habe – hin zur »Soul Mama«. Mehr Bewältigung der Vergangenheit als langhaariges Teenie-Idol und Teil einer Hippie-Sippe ist nicht.
Seit über zehn Jahren ist Maite Kelly als Sängerin von Schlagern erfolgreich – und mit einer klaren Solobotschaft. Die artikuliert sie im Konzert so: »Ich wollte mich schon immer mal auf einem Klavier räkeln.« Männer hätten ihr abgeraten (Kurven, kurze Beine). Die Zeiten des »Dann halt nicht!« sind vorbei – dank einer kleinen Treppe. Und auch sonst ist das Programm ziemlich getrimmt auf »toughe Frau«: Leicht bekleidete Tänzer tanzen nach ihrer Pfeife. Zu Songs, die sich darum drehen, einfach zu machen, worauf Frau Lust hat (»Schluss und aus gibt's bei mir nicht / hab' das Leben ausgetrickst / War immer einen Schritt voraus«).
Verlustangst als Mutter
Power ist aber nur eine Facette der Maite Kelly. Verletzlichkeit eine andere. Sie redet sich auf der Bühne viel von der Seele – unter anderem die Verlustangst als Mutter, wenn die Töchter flügge werden. Die Achterbahn der Gefühle spiegelt sich auch in der Dramaturgie der Songauswahl: Auf Mitklatsch-Bass folgt die Ballade mit Streicherbegleitung. Ein Medley, das Schlagerhits von »Hello again« bis »griechischer Wein« zu einem neuen Song verschmilzt, hat Kelly genauso im Repertoire wie ein Cover von Prince' »Purple Rain«.
Leider kommt die Technik beim erst zweiten Konzert der »Nur Liebe«-Tour mit den Atmo-Wechseln nicht hinterher. Die Bühne überzeugt zwar mit kreativen Einfällen wie einer Maite Kelly als Mädchen in Stop-Motion-Trickfilmtechnik (bekannt aus »Wallace und Gromit«). Zu Beginn ist allerdings das Licht falsch eingestellt. Bei den Disco Fox-Nummern wird ihre Stimme vom Bass übertönt. In ihrer Kraft und Soul-Schönheit kommt diese erst nur bei den ruhigen Stücken voll zum Tragen. Die Fans stört es nicht. Sie fiebern ohnehin dem Höhepunkt entgegen.
Chat mit Roland Kaiser
Die Zugabe wird auf der Leinwand durch einen Chat mit Roland Kaiser eingeleitet. Der fordert das Publikum auf, seinen Part im zum Kult avancierten Titel »Warum hast du nicht Nein gesagt« zu übernehmen. Tausende Kehlen springen ein – der Rest ist Klatschen, Singen und Wogen in einer heilen Welt. (GEA)