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Aktuell Ausstellung

Maisgott aus Jade: Altamerikanische Kunst am Museum der Uni Tübingen

Das Museum der Universität Tübingen (MUT) schließt mit der Ausstellung »Kunst und Kult« eine Lücke: Seltene Stücke altamerikanischer Kunst sind dort zu sehen. Darunter auch eine Botin der Unterwelt.

Götter und rituelle Gefäße: Blick in die Ausstellung »Kunst und Kult«.
Götter und rituelle Gefäße: Blick in die Ausstellung »Kunst und Kult«. Foto: Thomas Morawitzky
Götter und rituelle Gefäße: Blick in die Ausstellung »Kunst und Kult«.
Foto: Thomas Morawitzky

TÜBINGEN. Jade galt ihnen als das kostbarste Material, das Künstlern zur Verfügung stand. Die Maya schätzten ihre satte grüne Farbe und ihren Glanz – so liest man es im Katalog, der die Ausstellung »Kunst und Kult« im Museum der Universität Tübingen (MUT) begleitet. Einige der bemerkenswertesten Stücke dieser Ausstellung sind aus Jade gearbeitet – Anhänger und Schmuckstücke, wenige Zentimeter groß nur, die das Gesicht des Maisgottes zeigen, der von den Maya verehrt wurde. Ein anderes Exponat zeigt einen aus grüner Jade gefertigten Fledermauskopf – die Fledermaus, erfährt man, galt den Maya als Botin der Unterwelt.

Ein Fledermausdämon findet sich auch als Malerei auf einem der keramischen Gefäße, die neben den Jadestücken in einer sechs Meter langen Vitrine im Kabinett des Museums der Universität Tübingen zu sehen sind. Es sind grobe, archaische Bilder, die die Gefäße der Ausstellung »Kunst und Kult« zieren – auch einen Kakaobecher mit einer mythologischen Szene im Codex-Stil. Ihren Namen verdanken sie der Ähnlichkeit mit den Faltbüchern der Maya, den Codices. Von ihnen sind wenige nur erhalten. Das Gros einer mutmaßlich umfangreichen Schriftkultur dieses Volkes wurde während der spanischen Kolonialherrschaft zerstört.

Faszinierend archaisch

Von der Kultur eines Volkes, dessen Spuren bis ins Jahr 2000 vor Christus zurückreichen, ist heute deshalb wenig bekannt. Ihre wenigen Überbleibsel faszinieren in ihrer Archaik. Fasziniert von den Mayas, von anderen der zahlreichen Kulturen des alten Mittelamerikas, auch von der Kultur Ägyptens und dem islamischen Münzwesen waren Claus Pelling und Marie Luise Zarnitz. Das Tübinger Ehepaar sammelte die Artefakte über Jahrzehnte hin, unterstützte auch die Münz-Sammlung der Universität Tübingen, die mit rund 90.000 Stücken zu den größten der Welt gehört, jedoch alleine der Forschung dient, der Öffentlichkeit nicht zugänglich ist. Dabei waren Claus Pelling und Marie Luise Zarnitz selbst auf gänzlich anderen Gebieten tätig: Er erforschte Chromosomen, sie war Chemikerin und Biologin, bis 1989 auch Leiterin der Abteilung Forschungsförderung der Volkswagenstiftung.

Ausstellungsinfo

»Kunst und Kult – Die Altamerikasammlung der Pelling-Zarnitz-Stiftung an der Universität Tübingen« ist bis zum 16. März im Museum der Universität im Tübinger Schloss (Burgsteige 11) zu sehen, Mittwoch bis Sonntag 10 bis 17 Uhr, Donnerstag bis 19 Uhr. (GEA)

Zarnitz starb 2020, Pelling 2023. Sie hinterließen ihre Sammlung altamerikanischer Kunst der Universität Tübingen – unter Bedingungen: Die Sammlung soll öffentlich gemacht, von einer Publikation begleitet werden, eine dauerhafte Präsentation soll erarbeitet werden. Mit der Ausstellung »Kunst und Kult« kommt die Universität dem ersten Wunsch ihrer Gönner nun nach. Eine unbefristete Präsentation soll noch entstehen, wie Prof. Ernst Seidel, Leiter des MUT, erklärt.

Transparente Sammlung

»Es war zunächst sehr wichtig, einen Katalog mit allen Objekten zu erstellen, die erstmalige Präsentation der Sammlung mit einer Publikation zu begleiten«, sagt Seidl. »Sehr wichtig für die Universität war darüber hinaus, dass wir die Situation offen und transparent darstellen. Wir haben Rechnungen aller Auktionshäuser, wir wissen, woher die Einzelstücke stammen. Ein Übergang von der privaten in die öffentliche Hans ist ein politischer Akt.« Private Sammlungen, erklärt Seidl, unterliegen nicht dem Washingtoner Abkommen, das den Umgang mit Kunstwerken regelt, die von Nazis angeeignet wurden. Weiteren Nachforschungen stehe nichts entgegen. »Aber die Wahrscheinlichkeit, dass sie erfolgreich sind, ist klein, denn sehr viele Grabungen in diesem Gebiet wurden nicht dokumentiert.«

So klein auch das gesamte Erbe an altamerikanischer Kunst des Ehepaares Pelling und Zarnitz ist – für Tübingen ist diese Sammlung höchst bedeutsam. »Sie schließt eine Lücke unserer Sammlungen«, so Seidl. Fundstücke aus den Gebieten und der Zeit der Maya überwiegen unter den 23 Exponaten, aber es finden sich auch Zeugnisse der Zapoteken, Chavin, Chimú und der Paracas. Als Claus Pelling und Marie Luise Zarnitz begannen, ihre Sammlung aufzubauen, galten diese Kulturen als historische Nische. Das Paar nahm weite Wege auf sich, um ohne großes Budget Stücke zu ersteigern.

Bild vieler Kulturen

Und so entsteht in der Ausstellung ein Bild vieler kleiner Kulturen, die in Mittel- und Südamerika bestanden, ehe Europäer dort hinkamen. Die Trinkgefäße, Depotbehälter aus Terrakotta, geformt von Hand, beschriftet mit Namen, überzogen von Ornamenten, besitzen ebenso große suggestive Kraft wie die Garnitur eines Goldschmucks für Mumien, die wahrscheinlich aus der Paracas-Kultur stammt und aus Goldblech gefertigt wurde. (GEA)