Logo
Aktuell Ausstellung

Leuchtende Welt: Das Schauwerk Sindelfingen zeigt Lichtkunst

Das Schauwerk Sindelfingen zeigt mit einer Ausstellung aus der Sammlung Schaufler Werke der Lichtkunst. Die glimmende Kunst entpuppt sich dabei als keineswegs neues Phänomen.

Die Installation »Recycling Sphinx« von Keith Sonnier aus dem Jahr 1988.
Die Installation »Recycling Sphinx« von Keith Sonnier aus dem Jahr 1988. Foto: Thomas Morawitzky
Die Installation »Recycling Sphinx« von Keith Sonnier aus dem Jahr 1988.
Foto: Thomas Morawitzky

SINDELFINGEN. »Neonlicht, schimmerndes Neonlicht. Und wenn die Nacht anbricht, ist diese Stadt aus Licht.« Kraftwerk sangen diese Zeilen vor 46 Jahren. Das künstliche Licht, das leuchtende Gas, es löst viele Assoziationen aus. Es steht Jahrzehnte nach seiner Erfindung noch immer für Modernität, meint sie geradezu zeichenhaft. Es verweist in neuerer Zeit auf die Energieproblematik. Es scheint seit jeher eng verbunden mit der Welt des Konsums und der Popkultur. In den Händen von Künstlern, die sich eben jenen Assoziationen zuwenden oder sie ganz außer Acht lassen wollen, ist es ein neuer Werkstoff: Licht, das auf unheimlich klare Weise im Raum steht. Licht der Zukunft, Licht des Fortschritts, ein Licht von bezaubernder Kälte. In der Sammlung der Schaufler Foundation finden sich zahlreiche Werke, die mit dem Licht spielen.

Das Sindelfinger Schauwerk selbst ist ein Ort des Lichts, das bei anderen Ausstellungen weit durch seine Hallen fließt. In dämmriger Weitläufigkeit kommen die Werke der Ausstellung »Neon, LED & Co.« dort gut zur Geltung. Licht breitet sich aus. Licht macht Dinge sichtbar. Dinge wirken anders in anderem Licht. Licht besitzt Signalfunktion. Licht ist eine Metapher, ist Energie, ist Verbrauch, kostet Geld. Die Sindelfinger Ausstellung hebt auch auf den praktischen und ökologischen Aspekt des Materials ab. Die Glühlampe und ihr Ende werden ebenso thematisiert wie die Möglichkeiten der Pflege und Restauration von Kunstwerken, die aus Verschleißteilen geschaffen wurden, aus Lampen und Röhren, die zu einem Zeitpunkt vielleicht nicht mehr verfügbar sind. Manche der Werke entstanden bereits in den 1960er-Jahren: »Fire« von Otto Piene, »Hommage à Fontana« von Günther Uecker. Uecker arbeitete mit Glühbirnen, schlug Nägel ein, ordnete Lampen an, spielte mit Schatten. Beide gehörten der Künstlergruppe Zero an.

Eine Himmelsleiter?

Michel Verjux, Keith Sonnier, Tim Noble und Sue Webster, Maurizio Nannucci, François Morellet, Brigitte Kowanz, Peter Kogler, Astrid Klein, Jeppe Hein, Liam Gillick, Don Flavin und Tracey Emin sind ebenfalls vertreten. Das große Wirkungsspektrum des Lichts führt die Künstler fast ausschließlich zur Reduktion. Verjux schuf 1999 ein Werk, das aus nichts als einem projizierten Lichtkreis besteht. Er liegt auf einer Ecke des Ausstellungsraums, bricht über mehrere Kanten, eine Welt ist da. Brigitte Kowanz schuf 1990 die Arbeit »Light Steps«, die aus mehreren stufenförmig im Raum aufgehängten Neonröhren besteht. Eine Himmelsleiter?

Die Kölnerin Astrid Klein präsentiert ein kunstvoll-chaotisches Gewirr verschlungener Neonröhren, das wie eine große, wirre Zeichnung im Raum steht. Der Titel des Werks – »Leap into the Void – The Ego Dreams of Wakefullness and will continue« – spielt an auf Yves Klein, befragt den Menschen in seinem Bedürfnis nach Ordnung, Struktur. Keith Sonnier, verstorben 2020, gehörte wie Dan Flavin zu den ersten Künstlern, die industrielle Werkstoffe als kunstwürdig ansahen und so den Kunstbegriff veränderten. Seine »Reclining Sphinx« von 1988 verwandelt Schrauben, Aluminiumplatten und Leuchtstoffröhren in ein Fabelwesen.

Ausstellungsinfo

Die Ausstellung "Neon, LED & Co." mit Lichtkunst aus der Sammlung Schaufler ist im Schauwerk Sindelfingen, Eschenbrünnlestraße 15, bis 10. August 2025 zu sehen. Geöffnet ist Mittwoch bis Sonntag 11 bis 18 Uhr. (GEA)

Das Faszinosum der Ausstellung liegt im unterschiedlichen Zugriff der Künstler auf ein Material, dem die eigentliche Materialhaftigkeit fehlt. Auf individuelle Weise entdecken sie die Wirkungen des Lichts, formulieren Aussagen mit ihnen oder ergeben sich seinem Zauber. Die monumental funkelnden Dollarzeichen, die das Künstlerpaar Tim Noble und Sue Webster an die Wand lehnt, der Schriftzug »You touch my Soul«, den Tracy Emin in handschriftlichem Gestus leuchten lässt, mit dem sie diskret Kunst und Leben gegeneinander ausspielt, speisen sich vom selben Mythos wie der »Sun Mirror« des dänischen Bildhauers Jeppe Hein. Der lässt das Licht in einem Edelstahlkreis von drei Metern Umfang vielfach gebrochen geistern. Er fesselt die Betrachter mit einem Sonnensymbol der neuen Zeit. (GEA)