STUTTGART. 8.000 Menschen drängen sich in die Stuttgarter Schleyerhalle. Begrüßt werden sie mit einem »Hallo Kinder!«. Das ist natürlich Ironie bei einer Band, die auf 25 Jahre Geschichte zurückblickt und inzwischen mehrere Fan-Generationen anspricht. »Kids in meinem Alter« heißt die aktuelle Tour, aber sowohl Gründungsmitglieder als auch Gründungsfans zeigen, dass sie die Frage »Wollt ihr ans Limit gehen?« immer noch mit Ja beantworten. Das gilt körperlich wie auch künstlerisch. Band und Helfer springen Trampolin, fahren mit einem Fass durchs Publikum, reiten Schlauchboot über die Köpfe der Menge, reiten Rodeo auf einer Luxushandtasche. Band-Regisseur Henning Besser inszeniert drumherum ein Panoptikum aus Kindergeburtstag (tanzende Riesen-Emojis), Jackson-Pollock-Leinwänden, Andy-Warhol-Hommage. Als hätte er versucht, den Klassiker »Remmidemmi« in eine Kunstperformance zu übersetzen. Alles ist Spektakel.
Die Band fragt zu Beginn »Wollt ihr mit uns verschmelzen?« und nimmt das auch selbst wörtlich. Kollektiv gehen die Akteure auf in einem Mummenschanz bizarrer Ganzkörperkostümierungen, irgendwo zwischen Seuchenabwehr und Technoparty (Markenzeichen Pyramidenhelme). Wer da nun solo, im Duo, als Trio, zu sechst, zu acht oder gar mit 17 Mann im Rampenlicht agiert, lässt sich nur schwer feststellen.
Mal mehr, mal weniger subversiv
Der rote Faden des Werks ist jedoch geblieben. Ballerbeats mit mal mehr, mal weniger subversiven Botschaften. Sei es eine Säufer-Parodie auf die sozialistische Internationale (»Kein Mensch ist illegal / Schon gar nicht, wenn er breit ist«), eine Satire auf New Work (»Arbeit nervt«), eine Performance mit »Fuck AfD«-Bürostühlen zur Kapitalismus-Hymne »Bück dich hoch« oder die Vielfalts-Hymne »Wir gehören zusammen (so wie Cops und Demonstranten)«. Party und Politik verschmelzen. 8.000 Menschen vereinen sich zu einem »Moshpit der Liebe« und wärmen sich tanzend gegen die (gesellschaftliche) Kälte draußen. Die Band wird weiter gebraucht. (GEA)