Logo
Aktuell Ausstellung

Labyrinthe des Lebens: Kunst von Susanne Gayler in der Pupille Reutlingen

Wie rätselvolle Labyrinthe wirken die Bilder von Susanne Gayler in ihrer Ausstellung in der Reutlinger Pupille. In vielschichtigen Assoziationslandschaften schafft sie Verbindungen zwischen inneren und äußeren Räumen.

Sturzgeburt ins Ungewisse: »Im Labyrinth II« heißt dieses Großformat von Susanne Gayler.
Sturzgeburt ins Ungewisse: »Im Labyrinth II« heißt dieses Großformat von Susanne Gayler. Foto: Armin Knauer
Sturzgeburt ins Ungewisse: »Im Labyrinth II« heißt dieses Großformat von Susanne Gayler.
Foto: Armin Knauer

REUTLINGEN. Der Embryo stürzt ins Bodenlose. Ob die Hände am unteren Bildrand ihn auffangen? Ob die Gestalten rechts und links mit den kapuzenförmig eingehüllten Gesichtern Mutter und Vater sind? Ob das Ganze sich in einem Zimmer abspielt oder im Inneren einer Zelle, während Mitochondrien und Chloroplasten durchs Zytoplasma treiben? Vieles lässt Susanne Gayler offen in ihrer monumentalen Malerei, die den Besucher in der neuen Ausstellung der Produzentengalerie Pupille empfängt.

Das kaleidoskopartige Ineinander verschiedenster Elemente charakterisiert die Bilder der Pfullinger Künstlerin. Von »labyrinthisch verdichteten Vorstellungswelten« spricht Einführungsredner Clemens Ottnad, früher Leiter des Reutlinger Kunstvereins, heute Geschäftsführer des Künstlerbundes Baden-Württemberg. Von »kosmisch wabernden Zwischenwelten«. Von »verschlungenen Zeichen-Arealen«. Embryonen, Kinder, Erwachsene. Einzeller, Korallen, Seeschwämme. Linienbündel, Wortfelder, geometrische Formen. Alles fliegt durcheinander, überlagert sich, fügt sich zu wunderlichenTopografien.

Das Auge im psychedelischen Gewirr: Malerei von Susanne Gayler in der Reutlinger Pupille.
Das Auge im psychedelischen Gewirr: Malerei von Susanne Gayler in der Reutlinger Pupille. Foto: Armin Knauer
Das Auge im psychedelischen Gewirr: Malerei von Susanne Gayler in der Reutlinger Pupille.
Foto: Armin Knauer

Vielleicht trifft man es am besten, wenn man das Ganze als Assoziationsstrom beschreibt. Bilder von außen innen mischen sich irgendwo in einer Sphäre zwischen Wachen und Träumen und ergießen sich von hier über die Bildflächen. Nicht mit den Regeln eines rationalen Erzählens, sondern wie in einer Traumlogik, wo alles gleichwertig neben allem steht. Medienbilder neben Kindheitserinnerungen. Wort neben Wort. Die Erdkugel neben Händen, Insekten, Worten, abstrakten Formen.

Es bleibt dem Betrachter überlassen, seine eigenen Bezüge in diesem Geflecht zu finden. Verbindungen zwischen scheinbar Unvereinbarem zu entdecken. Die gewohnten Erzählungsmuster sind aufgebrochen. Etwa in dem Monumentalbild »La Méditerranée«, das alles übereinander blendet, was derzeit rund ums Mittelmeer geschieht: Schlagstockbewehrte Sicherheitskräfte und vermummte Guerillakrieger. Flüchtende kriechend zwischen Stacheldraht. Täter und Opfer, Verschleierte und Mode-Ikonen und die Verführerin mit der Schlange. Eine Welt in Aufruhr.

Susanne Gaylers Papierarbeit »Im Schatten der Erde III« ist Teil einer Dreiergruppe.
Susanne Gaylers Papierarbeit »Im Schatten der Erde III« ist Teil einer Dreiergruppe. Foto: Armin Knauer
Susanne Gaylers Papierarbeit »Im Schatten der Erde III« ist Teil einer Dreiergruppe.
Foto: Armin Knauer

Susanne Gayler löst diese Rätsel nicht für den Betrachter, aber sie ordnet sie zu Topografien. Zu »Landkarten des Unbewussten«. Die Rätsel, die womöglich nicht zu lösen sind, kann der Betrachter auf diese Weise schauend bewandern. Das Bild mit dem stürzenden Embryo kreist dabei als Mittelteil einer Dreiergruppe um Geburt und Kindheit. Links ruht das entstehende Leben in tiefblauem Meeresgrund. Rechts schwebt es in lichtem Rot einer hellen Zukunft entgegen. In der Mitte das dunkle Rätsel des Familiengeflechts.

Ausstellungsinfo

Die Ausstellung »Dazwischen ein Regenbogen« ist bis 19. November in der Pupille-Galerie in der Peter-Rosegger-Straße 97 in Reutlingen zu sehen, jeweils Samstag und Sonntag von 14 bis 17 Uhr. (GEA)
www.pupille-galerie.com

In ihren Papierarbeiten verketten wabenförmige Wortsammlungen die Elemente. Schattenhaften Silhouetten verweisen auf menschliche Gesellschaft. Luftschlösser steigen vom Kopf in den Himmel. Dann wird plötzlich alles abstrakte Landschaft, psychedelisches Wabern leuchtender Linienbündel, Einladung zur Meditation. »Zwischendrin ein Regenbogen« heißt nicht umsonst die Schau.

Doch selbst diese Regenbogenmomente bleiben ambivalent. Hinter den Farbwirbeln lauert überall ein Auge, ein verborgenes Gesicht. Den Figuren und Gestalten, die aus dem Unbewussten aufsteigen, man entrinnt ihnen nicht. (GEA)