REUTLINGEN. Mitten in der Coronakrise ist er in sein neues Amt gestartet. Seit August ist Rainer Lawicki der neue stellvertretende Leiter des Kunstmuseums Reutlingen. Absagen, Verschieben, Alternativpläne erstellen, auf Sicht fahren für das ganze Team: Es war ein Start in ungewisse Zeiten. Rainer Lawicki freut sich trotz allem, nun die Zukunft des Kunstmuseums mitzugestalten.
Reutlingen habe er vor Jahren schon einmal kennengelernt, erzählt Rainer Lawicki im Telefongespräch. »Ich habe hier eine der ersten Grieshaber-Ausstellungen angeschaut«, erinnert er sich. »Das Haus war gerade eröffnet worden.« Sein erster Eindruck damals vom neuen Kunstmuseum im Spendhaus: »Ein tolles historisches Gebäude – man hat sich direkt geborgen gefühlt.« Von Reutlingen habe er damals kaum etwas wahrgenommen, erzählt der 56-Jährige. »Ich bin jemand, bei dem Kunstwerke sehr stark nachwirken.« Und das haben die Holzschnitte von HAP Grieshaber, die er damals sah, allemal.
Jetzt, gut 30 Jahre später, ist er zurück im Kunstmuseum Reutlingen – als stellvertretender Leiter. Jetzt hat er also auch die Zeit, die Stadt selbst besser kennenzulernen. Für ihn eine Stadt, in der Gegensätze aufeinandertreffen. »Beschaulich« und »pulsierend«, so beschreibt der Kunsthistoriker, der zunächst in Freiburg im Breisgau über die Konstruktionsplastik im kubistischen Werk von Georges Braque und Pablo Picasso promoviert und anschließend an der Städtischen Kunsthalle Mannheim sein Volontariat abgeschlossen hat, seine neue Heimat. Zuvor hat er 14 Jahre lang in der Schweiz gelebt.
Für einen Job als Projektleiter bei einer Softwarefirma im Bereich Museumsmanagement zog er 2006 nach Bern. Am Zentrum Paul Klee und später am Kunstmuseum Bern arbeitete er in den Bereichen Ausstellung und Provenienzforschung. Seine letzte berufliche Station vor Reutlingen: das Museum zu Allerheiligen in Schaffhausen. Hier war er wieder im Bereich Inventarisierung und Datenbank tätig.
Am Kunstmuseum Reutlingen ist er nun für Ausstellungen, Publikationen, Veranstaltungen sowie die Kunst im öffentlichen Raum zuständig. »Wir wollen mehr Wettbewerbe, um Werke in den öffentlichen Raum zu bringen«, so Lawicki. Die Künstlerförderung ist ihm ein großes Anliegen. Neue Formate für regionale, aber auch internationale Künstler sollen erarbeitet werden. »Ausstellungen sind für mich auch ein wesentlicher Bestandteil der Vermittlung«, sagt Lawicki. Zwei Ausstellungen plant er bereits. »Der Dialog über Kunst ist das Wichtigste für ein Museum.«
Bewusst Wissenschaft gewählt
Außerdem wird er ab nächstem Jahr die wissenschaftliche Betreuung der städtischen Kunstsammlung übernehmen. Unter anderem die bisher weitestgehend unerforschte Sammlung Ziegler soll künftig im Fokus stehen. Die Zeichnungen und Gemälde, die Epochen von Renaissance bis Romantik umspannen, wurden der Stadt 1954 von dem Gönninger Samenhändler Ziegler vermacht.
Rainer Lawicki hat sich auch privat der Kunst verschrieben. Malt in seiner Freizeit großformatige Bilder, macht mit Gitarre oder Cello zur Entspannung Musik. »Beruflich habe ich mich aber bewusst für die Wissenschaft entschieden«, sagt er und freut sich, nun in Reutlingen angekommen zu sein. (GEA)