Logo
Aktuell Ausstellung

Kunst zum »Durchbruch«: 21 Gedok-Künstlerinnen im Reutlinger Spitalhof

Das Thema »Durchbruch« bearbeiten 21 Künstlerinnen in der Gedok-Jahresausstellung bis 3. November im Spitalhof. Dabei geht es teils mit dem Kopf durch die Wand.

Mit dem Kopf durch die Wand: Kleinplastik von Jutta Peikert in der Gedok-Jahresausstellung.
Mit dem Kopf durch die Wand: Kleinplastik von Jutta Peikert in der Gedok-Jahresausstellung. Foto: Armin Knauer
Mit dem Kopf durch die Wand: Kleinplastik von Jutta Peikert in der Gedok-Jahresausstellung.
Foto: Armin Knauer

REUTLINGEN . »Durchbruch« steht über der Gedok-Jahresausstellung, die am Mittwochabend im Spitalhofsaal gestartet ist. Das hat Sinn. Ersehnt nicht jede Künstlerin, jeder Künstler den Durchbruch mit seinen Werken? Will nicht jedes Kunstwerk zum Betrachter durchdringen mit seiner Botschaft? Und soll nicht das, was sich zwischen Werk und Betrachter abspielt, ein Durchbruch sein zu neuer Erkenntnis?

Ausstellungsinfo

Die Gedok-Jahresausstellung »Durchbruch« ist bis zum 3. November im Reutlinger Spitalhofssaal am Marktplatz zu sehen. Geöffnet ist täglich von 13 bis 19 Uhr. Am Sonntag, 3. November, ist um 16 Uhr eine Finissage mit Klavierimprovisationen von Silke Bauer, die auf die Werke Bezug nimmt. (GEA)

Das Thema des Durchbruchs hat sich jedoch auch ganz direkt eingeschrieben in die Arbeiten der 21 Künstlerinnen, die eine Jury ausgewählt hat, bestehend aus Edith Koschwitz vom Netzwerk Kultur, Wilfried Thron von den Freunden des Kunstmuseums Reutlingen und Karl Striebel von der Pupille. Sogar literarisch holte man das Motiv des Durchbruchs in die Vernissage, durch die charmant und kundig Gedok-Vorsitzende Barbara Krämer führte. Mit verteilten Rollen trugen Barbara Kollross, Anne Munding und Erika Christine Baumann eine surreale Geschichte von Daniel Lüthi vor. Eine private Goldgräbergruppe bricht darin im eigenen Keller nicht nur zu einer profitablen Erzader durch.

Durchbruch in kosmische Tiefen: Objektkasten von Monika Wibmer.
Durchbruch in kosmische Tiefen: Objektkasten von Monika Wibmer. Foto: Armin Knauer
Durchbruch in kosmische Tiefen: Objektkasten von Monika Wibmer.
Foto: Armin Knauer

Doch zur Kunst: Die behandelt das Thema außerordentlich vielgestaltig. Gleich zu Beginn stößt man auf einen Objektkasten von Monika Wibmer, der den Blick in einen kosmischen Strudel stürzen lässt. Bei Heidi Degenhardts filigranen Porzellangebilden ist der Durchbruch eher der zu einer neuen biologischen Stufe wunderlicher Korallenwesen. Auch in den farbigen Papierton-Gebilden von Ulla Frenger spielen Vorstellungen von Tieren oder Pflanzen eine Rolle, die Keime oder Tentakel aus ihrem Inneren schieben.

Prägedruck und Fotografie

Der Prägedruck »Flying« von Gerburg M. Stein schafft hingegen Durchbrüche im Papier als filigrane Risse, die Struktur erzeugen. Wobei auch hier Pflanzliches (Blätter) oder Tierisches (ein stürzender Vogel) anklingt in einem zarten weiß-weißen Relief. Ebenfalls hell in hell fällt der Blick in einen »Lost Place« in einer Fotografie von Angela Hammer. Ein geschlossener, ruinenartiger Raum, der Durchbruch ist versperrt.

Dann wird's plastisch. Erst mit einem blütenartigen Stoffgebilde von Elke Pikemaat, das förmlich aus der Unterlage durchbricht. Danach mit Gebilden aus Draht und Metall von Birgit Hartstein, die wirken wie bizarre Wesen, die sich ihren Weg bahnen. Renate Quast hat sich dem Thema ganz formal genähert. Schwarze Papierformen hat sie per Schere mit »Durchbrüchen« versehen, hat sie vervielfältig und auf dem Bildgrund so angeordnet, dass wiederum »Durchbrüche« entstehen.

Kaleidoskopartige Flächen lassen ein Dahinter vermuten: Fotografien von Gudrun Heller-Hoffmann.
Kaleidoskopartige Flächen lassen ein Dahinter vermuten: Fotografien von Gudrun Heller-Hoffmann. Foto: Armin Knauer
Kaleidoskopartige Flächen lassen ein Dahinter vermuten: Fotografien von Gudrun Heller-Hoffmann.
Foto: Armin Knauer

In Gudrun Heller-Hoffmanns Fotografien fällt der Blick durch kaleidoskopartige Farbflächen in ein Dahinter. Sylvia Grauers Bild »De Profundis«, eine der wenigen klassischen Acrylmalereien, zieht den Blick ins dunkle Zentrum eines Farbstrudels. Während Regina Brenner in ihren Radierungen den Durchbruch zu lichten abstrakten Landschaften inszeniert.

Mystisches Licht am Horizont

Dagmar Reiche und Tanja Robisch brechen in ihren Bildern zu einem mystischen Licht entrückter Sphären durch. Bei Reiche tut es sich am Ende einer märchenhaften Waldlichtung auf, bei Robisch am Horizont eines angedeuteten Meeres. Noch ein zartes Gebilde aus Japanpapier und Lilienblüten von Ingrid Gebhardt, dann stößt man auf harte Plattenbauwände in einer Fotografie von Stefanie Knorr. Wo ist der Ausbruch aus dieser gerasterten Vorstadt-Tristesse? Jutta Peikerts kleine Keramikfigur macht es vor: Einfach mit dem Kopf durch die Wand!

Mehlika Tanriverdis Schwimmerin bricht durch die Wasseroberfläche.
Mehlika Tanriverdis Schwimmerin bricht durch die Wasseroberfläche. Foto: Armin Knauer
Mehlika Tanriverdis Schwimmerin bricht durch die Wasseroberfläche.
Foto: Armin Knauer

Bei Lissi Maier-Rappaport sind wir noch einmal bei den Plastiken, die lebendige Gebilde erahnen lassen. Mehlika Tanriverdi hingegen lässt eine Schwimmerin die Wasseroberfläche durchbrechen; glänzend blau spiegelt der Bildfirnis. Bei Bettina Casabianca fällt der Blick in landschaftliche Weiten von Luft und Licht – noch eine klassische Acrylmalerei. Annette Hecht-Bauer inszeniert in ihrem Materialdruck ein Raster stilisierter Figuren, die mal aufgedruckt, mal ausgeschnitten - also »durchbrochen« - sind, raffiniertes Spiel mit Positiv- und Negativformen.

Filzball mit Tentakeln

Zum Schluss noch ein rundliches Filzobjekt, das Fäden wie Tentakel nach außen schiebt. Und eine wilde Farb-Expression von Tanja Robisch, die den Blick durch Schichten von Orange lenkt. Eine spannende Schau, vielfältig und ideenreich – und eine Einladung an alle Besucher, in der Begegnung zu neuer Inspiration durchzubrechen. (GEA)