Musiker und Moderator
Mit dem »Csardas« von Vittorio Monti eröffnet er sein klassisches Programm temperamentvoll und hat das Publikum im seit einem halben Jahr ausverkauften Beethovensaal schon nach wenigen Sekunden mit seinem virtuosen Spiel in seinen Bann gezogen. Mit der romantischen »Serenade« von Schubert und dem »Ungarischen Tanz Nr. 5« von Brahms - der mit verlangsamtem Vorspiel und Hornsoli dargeboten wird - unterstreicht der Aachener mit Leichtigkeit sein Ausnahmekönnen. Scheinbar mühelos spielt er sich mit einem strahlenden Lächeln im Gesicht durch schwierigste Passagen.Garrett sucht den Kontakt zu seinem Publikum, erzählt Anekdoten und berichtet von Tournee-Erlebnissen. Dass er dies nach jedem Stück tut, ist des Guten etwas zu viel. Dass er den jeweils folgenden Programmpunkt anmoderiert, hilft zumindest den Klassik-Neulingen im Publikum. Und jene Neulinge will Garrett insbesondere für die klassische Musik begeistern.
Im Schein weißer Kerzen am Bühnenrand spielt Garrett die neu arrangierte »Vocalise« von Sergej Rachmaninow und lässt die Herzen der Damen dahinschmelzen. Wenig später bringt er mit »He's A Pirate« aus dem Soundtrack des Films »Fluch der Karibik« nicht nur die Saiten seiner Geige zum Glühen, sondern auch die Härchen am Unterarm der Zuhörer zum Stehen.
Das Orchester, die Weimarer Staatskapelle unter der Leitung von George Pehlivanian, ist stets würdiger Begleiter des Virtuosen - mal herrlich weich und unauffällig, mal mit enormer Klangfülle.
Perfekte Kabinettstückchen
Die »Humoresque« von Dvoák, »Nur wer die Sehnsucht kennt« von Tschaikowsky, »Salut D'Amour« von Elgar oder die höchst schwierig zu spielenden »Zigeunerweisen« von Pablo Sarasate, die Garrett erstmals mit neun Jahren gespielt habe: Der »schnellste Geiger der Welt« spielt die Kabinettstückchen mit technischer Perfektion.Nach der Pause gibt der Blondschopf noch einen Klassiker zum Besten. Im Violinkonzert Opus 64 von Felix Mendelssohn folgt ein vibrierender Stradivari-Ton dem nächsten und Garrett wird dem Titel seiner Tournee und der gleichnamigen CD einmal mehr gerecht: »Classic Romance«, klassische Romantik.
Zwei Zugaben - Massenets »Meditation« und Paganinis Variation »Karneval in Venedig« - geben dem begeisterten Stuttgarter Publikum den Rest. Auch in Loge 4, wo sich die eingangs erwähnte Dame in Gala-Robe erneut zur Nebensitzerin beugt: »Ich hab's doch schon damals gewusst. Der Garrett wird mal ein Großer.« Recht hatte sie. (GEA)