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Aktuell Geistliche Musik

Klassiker voll lebhafter Stimmungsbilder

Der Bach-Chor Tübingen führt an einem Tag alle sechs Kantaten von Bachs Weihnachtsoratorium auf

Die Vokalsolisten Sibylla Rubens (Sopran) und Georg Gädker (Bass) mit dem Bachchor in der sehr gut besuchten Tübinger Stiftskirc
Die Vokalsolisten Sibylla Rubens (Sopran) und Georg Gädker (Bass) mit dem Bachchor in der sehr gut besuchten Tübinger Stiftskirche. Foto: Varady
Die Vokalsolisten Sibylla Rubens (Sopran) und Georg Gädker (Bass) mit dem Bachchor in der sehr gut besuchten Tübinger Stiftskirche.
Foto: Varady

TÜBINGEN. Berührend ist es stets aufs Neue, das Weihnachtsoratorium von Johann Sebastian Bach. In einer konzertanten Aufführung kann für die Hörer nicht nur ein tieferer Bezug entstehen, sondern auch eine feierliche, zugleich intime Atmosphäre geschaffen werden, die in all ihrer Länge umso mehr nachwirkt. Für solch eine Aufführung hat sich Ingo Bredenbach mit seinem Bach-Chor Tübingen entschieden. Zum 75-jährigen Bestehen lässt Bredenbach einen Berührungspunkt zum Gründungsjahr des Chors entstehen, in welchem ebenfalls Teile aus diesem Werk gesungen wurde.

Am Abend des vierten Adventssonntags wurden nun alle sechs Kantaten zur Aufführung gebracht, aufgeteilt in zwei Blöcke. Der erste Block mit den Kantaten 1 bis 3 war Tage vorher bereits ausverkauft, und eine breite Masse an Zuhörern strömte in die Tübinger Stiftskirche.

Freudig gestaltender Chor

Rund war diese Aufführung, formvollendet und authentisch. Bredenbach am Pult, der alles mit Argusaugen im Blick hat, der präzise in seiner Arbeit ist, Einsätze in jeglichem Bereich gibt, auch die Silben mit dem Mund nachformend, und seinen Chor sorgfältig und gründlich ausgestalten lässt, sorgte für eine einträchtige Verbindung zwischen allen Ausführenden.

Der Bach-Chor Tübingen ging in allem mit, gestaltete freudig, achtete auf den Text, und war mit einer Präsenz zugange, wie es nicht oft zu hören ist. Am Dirigat konnte man erfassen, was Bredenbach wichtig war, und wahrnehmen, dass der Chor das mittrug und ausführte. Die Camerata viva Tübingen war in der Formation Camerata viva 415 zu hören. Mit historischen Instrumenten verliehen sie dem Klangbild nochmals zusätzlich eine Prise Authentizität. Auch hier war der Wille zu spüren, alles nach des Komponisten Intention auszuführen.

Und so war das Werk getragen von einem treffenden Kolorit, von einer dynamischen und belebten Ausführung der Instrumentalisten, welche immerzu passende Stimmungsbilder schufen, vom Hirtenszenario bis hin zum feierlichen Lob Gottes. Auch die Gesangssolisten sind ein wesentlicher Bestandteil des Oratoriums. Jo Holzwarth (Tenor) war als Evangelist ein tragendes Element, und diese erzählende Funktion nahm er unheimlich lebendig und mitreißend ein. In seiner Hirten-Arie »Frohe Hirten, eilt, ach eilet« war diese Begeisterung an die Stimmung angepasst, die langen Melismen waren klar ausgesungen, jeder Ton war wichtig und ausgestaltet.

Elegante Bassstimme

Sehr stimmig war auch Bassist Georg Gädker ausgewählt. Mit seiner eleganten und erlesenen Stimme ließ er neben den Rezitativen auch seine Arie »Großer Herr, o starker König« mit guter Verständlichkeit und zugewandter Art erblühen. Christine Müller, kurzfristig als Altistin eingesprungen, ließ immer wieder vertieft empfundene und fein austarierte Momente hören, während Sibylla Rubens (Sopran) ein innig gesungenes Duett mit Gädker (»Herr, dein Mitleid, dein Erbarmen«) über schwingenden Instrumenten ausbreitete.

Atmosphärisch und würdevoll war dieses Konzert – und somit ein sinnhaftes und abrundendes Jubiläum für den Chor. (GEA)