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Aktuell Performance

Klangpanoramen zu digitaler Live-Malerei

Friedemann Dähn, Thomas Maos und Sascha Banck improvisieren in der Ausstellung »Gläserne Härten«

Wenn Ton- und Bildwelten ineinanderfließen: Thomas Maos, E-Gitarre, und Friedemann Dähn, E-Cello, bei ihrer Improvisation zu l
Wenn Ton- und Bildwelten ineinanderfließen: Thomas Maos, E-Gitarre, und Friedemann Dähn, E-Cello, bei ihrer Improvisation zu live kreierten Projektionen von Sascha Banck in den Wandel-Hallen. FOTO: KNAUER
Wenn Ton- und Bildwelten ineinanderfließen: Thomas Maos, E-Gitarre, und Friedemann Dähn, E-Cello, bei ihrer Improvisation zu live kreierten Projektionen von Sascha Banck in den Wandel-Hallen. FOTO: KNAUER

REUTLINGEN. Das rhythmische Spiel der Linien und Farben in der Ausstellung »Gläserne Härten«, es fand bei der wegen Corona über mehrere Stunden verteilten Eröffnung viel Beachtung. Weit über hundert Interessierte kamen. Am Abend konnte eine coronabedingt sehr kleine Auswahl von 25 Besuchern erfahren, wie rhythmische Muster, wie Klangfarben und visuelle Farben aus dem Moment heraus Struktur gewinnen.

Ausstellungsmacher Holger Kube Ventura hatte die Nähe von Konkreter Kunst und Musik ja von Anfang an mit einbezogen. Regelmäßige audiovisuelle Performances als Beiträge der Reihen »Sonic Visions« (Reutlingen) und »Generate!« (Tübingen) sind fester Teil der Schau.

Den Beginn machten noch am Eröffnungstag Friedemann Dähn und Thomas Maos, Kuratoren der Reihe »Sonic Visions«, die in diesem Herbst mit 21 Veranstaltungen zu Festivalgröße wächst – neun weitere Termine folgen 2021. Am Donnerstag waren Dähn und Maos gemeinsam mit der Fürther Malerin Sascha Banck da. Das Prinzip: Maos und Dähn kreieren aus dem Moment heraus geborene Klangszenerien an E-Cello (Dähn) und E-Gitarre (Maos); Banck lässt dazu auf Großleinwand wunderliche Form- und Farbwelten wachsen, indem sie mit ihren Fingern flink ü

 

ber einen Tablet-Computer streicht.

 

Natürlich ist das nicht komplett frei, sondern ein vorstrukturiertes, ein sozusagen »gerahmtes« Improvisieren. Hier hatten sich die drei ein Raster von sieben mal drei Minuten vorgegeben, weshalb diese Folge von klanglich-bildlichen Tableaus auch »7 x 3« hieß. Immer nach drei Minuten tönt eine Sirene, eine Autohupe, ein Schrillton – und alles beginnt neu.

Gegensätzliche Sphären

Der Reiz ist, in jedem Tableau eine komplett andere Welt zu kreieren – das gelang den Dreien perfekt. Anfangs murmeln Sphärenklänge wie eine akustische Morgendämmerung, während sich die schwarze Leinwand mit zarten Blautönen füllt und endlich Gelb durchbricht.

Gleich darauf findet sich der Hörer in geisterhaftem Saiten-Fiepen und Cello-Knurren wieder, während Sascha Banck den schwarzen Grund der Leinwand mit bizarr sich windenden weißen Linien füllt. Später bricht es wie Großstadtlärm über die Besucher herein, wozu gelbe Splitter auf der Leinwand aufleuchten – alles pulsiert immer schneller und hektischer. Dazwischen gleitet man als Ruhepol in watteweiche Cello-Harmonien, über denen sich wie eine verträumte Ballade eine schwebende Gitarrenmelodie erhebt.

Im letzten Bild donnern Bässe, kreischt die E-Gitarre rockig auf, während auf der Leinwand Farbgewitter in zackigen Formen auflodern. Hier verbeugen sich die Musiker und die Künstlerin vor dem Rockgitarren-Superstar Jimi Hendrix, der genau 50 Jahre zuvor starb. Ehe die ganze Farb-Klang-Maschine nach und nach austrudelt wie eine Lokomotive, der die Kohle ausgeht. Das Publikum ist hingerissen und bekommt noch eine Zugabe. (GEA)