PFULLINGEN. In 27 Werken haben sich 16 Künstlerinnen der Reutlinger Gedok mit dem Thema »Chiffren« auseinandergesetzt. Malerei, Collage, Fotografie, Keramik oder Spraypaint – die Vielfalt der Techniken und auch der Inhalte beeindruckt. Bis zum 4. Oktober ist die Ausstellung mit Unterstützung der Stadt Pfullingen in der Pfullinger Klosterkirche zu sehen.
Eine vierköpfige Jury wählte die Werke aus, von denen die meisten für die aktuelle Präsentation geschaffen wurden. »Geplant war die Ausstellung seit Jahresbeginn, aber es war lange unsicher, ob sie in der Coronazeit überhaupt möglich sein würde«, sagte Barbara Krämer, Vorsitzende der Künstlerinnengemeinschaft. Chiffren seien verschlüsselte Botschaften, die vom Betrachter wieder entschlüsselt werden müssten. Dazu passten auch die geheimnisvoll wirkenden Einritzungen an den Wänden der Klosterkirche (»einfach ein magischer Ort«), die oft mittelalterliche Abkürzungen enthielten.
Verletzlichkeit der Meere
Apropos Corona – natürlich wurde das Virus von den Künstlerinnen in den Fokus genommen. Wobei allein das Wort als Chiffre dient. Ruft es doch sofort Gedanken an Masken, Abstand, Bedrohung oder Lockdown hervor. Christine Ziegler, Fachbereichsleiterin bei der Gedok, fasste das böse kleine Virus in eine Handfilzarbeit, die geradezu vermessen auf einem Podest thront. »Durch ein Virus geraten die Eckpfeiler des Lebens ins Wanken«, äußert sich Gerburg M. Stein zu der Pandemie. In ihrer Installation »Traum« entstand ein Vorhang aus Masken, der wie ein Schutzschild wirkt, dessen Regenbogenfarben jedoch Hoffnungszeichen sind. Davor liegt ein Berg aus Kleidung, der an die Leiden der Menschen im ehemaligen Lager Moria denken lässt.
Margot Spuhler verwendete in zwei Werken Runen, die heute nicht mehr verständlich sind, jedoch bei vielen Völkern als Schriftzeichen und auch auf Amuletten genutzt wurden. Spuhler brachte sie auf Schriftrollen und einem Stein aus Keramik auf, wo die Runen, insbesondere im Untergeschoss der Kirche, wieder ihre archaisch-geheimnisvolle Wirkung entfalten.
Susanne Reusch brachte unter dem Titel »Kryptisch (Wir gehören zusammen)« auf zwei Glasobjekten einen Zeichencode auf, der nur dann vollständig wird, wenn die Glasschalen korrekt übereinander liegen. Elke Mauz entwickelte in einer chinesischen Bilderschrift die Worte Wasser, Erde und Feuer, das Material, aus dem ihre Keramiken entstehen.
Mehrfach wurden Lichtzeichen zu Objekten. Renate Quast zeigt in zwei Fotografien (»Licht-Zeichen I + II«) eine Papierinstallation in ihrem Atelier, die durch senkrecht einfallendes Licht einer permanenten Wandlung unterworfen ist – Symbol für Lichtsignale, die vielfach zur Verständigung dienen. Ellen Eckel schuf Fotografien, die sich erst bei naher Betrachtung als filigrane Netze zeigen, in denen sich rhythmisch das Licht fängt.
Jacqueline Wanner widmete sich der Umweltthematik. Die Installation »Mare, Mare« weist mit einem Fischernetz auf die Schönheit, aber auch Verletzlichkeit der Meere hin. »Alpenglühen?«, versehen mit einem Fragezeichen, zeigt eine bestechend erhabene Bergwelt, die als Werbeträger zur Chiffre wird und durch den Menschen gefährdet ist.
Mit Humor nahm Jutta Peikert das Thema auf. Bei ihr stehen Chiffren für Annoncen in der Zeitung, in denen eine Mutter eine Braut für ihren Sohn oder die 77-jährige Gerda einen Mann sucht. Keramikfiguren stellen die Suchenden dar, umgeben von Kandidaten. Dazu schuf die Künstlerin Texte, die die Vorzüge des Sohnes (Haus, Auto, guter Job) oder der Seniorin (gute Köchin) anpreisen. (GEA)
AUSSTELLUNGSINFO
Die Ausstellung »Chiffren« mit Werken von Gedok-Künstlerinnen ist in der Klosterkirche, Klostergarten 2 in Pfullingen, unter den üblichen Sicherheitsvorkehrungen bis zum 4. Oktober zu sehen – mittwochs und samstags von 14 bis 18 Uhr, sonntags von 10 bis 18 Uhr. (GEA)