BAD URACH. »Mich interessiert das Leben. Schreiben ist Fragen stellen und Auseinandersetzung«, sagte Finn-Ole Heinrich. Der Schriftsteller und Filmemacher, 1982 in Schleswig-Holstein geboren und heute in Berlin lebend, war am Donnerstagabend zu Gast in der restlos gefüllten Buchhandlung am Markt. Inhaberin Sabine Hunzinger freute sich, die Veranstaltungsreihe zum 20-jährigen Bestehen der Buchhandlung mit einem Gast zu starten, der nicht nur 2012 für »Frerk, du Zwerg!« mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnet wurde, sondern seit 2010 auch durch gemeinsame Veranstaltungen mit der Buchhandlung verbunden ist.
Austausch mit der Ehefrau
Durch Lesung und Interviews bekam das Publikum Einblicke, wie Heinrich arbeitet und was ihn an- und umtreibt. »Ich habe schon mit 16 Jahren angefangen zu schreiben«, erzählt er. »Es half mir, das zu verstehen, was ich denke.« Bereits seit 15 Jahren als Autor erfolgreich, lernte er seine Ehefrau Dita Zipfel kennen, ehemals Lehrerin, die mit Büchern wie »Monsta« ebenfalls bekannt wurde. »Wir können über alles reden«, sagt Heinrich über seine Frau. »Wir gehen am Strand spazieren und werfen uns Anregungen zu.« Schreiben beinhalte auch, Probleme zu entwerfen, die man für seine Figuren und ihre Geschichten brauche.
Mittlerweile hat das Paar einen Sohn, der Heinrichs Fragen nach der Welt noch weiter vertieft. Unter anderem handelt »Die Reise zum Mittelpunkt des Waldes« von einem werdenden Vater, der sich beim »Reuber« im Wald Tipps für seine neue Rolle holt.
Machtmissbrauch durch Ältere
Mehrfach am Abend stellte der 42-jährige auch provokante Gedanken vor, so das Phänomen der »Diskriminierung der Jüngeren durch Ältere«. Natürlich hätten Erwachsene mehr Erfahrung als Kinder und Jugendliche, doch dürfe das nicht zu einer Art von Überlegenheitsgefühl und Machtmissbrauch führen. »Man muss ständig sich selbst reflektieren, um nicht aus Versehen ein Arschloch zu werden.« Das »Machtgefälle« zwischen Älteren und Jüngeren sei auch dafür verantwortlich, dass häufig auf Kinderbücher »heruntergesehen« werde. Dabei könne Literatur helfen, Kinder so sein zu lassen, wie sie sind. »Die Grenze zwischen Kinder- und Erwachsenenliteratur sollte sich auflösen«, beantragte Heinrich.
Mit Kinderbüchern zu Themen wie »Mutmachen« oder »Freundschaften«, so Heinrich, solle man »keine Botschaft in Kinderköpfe meißeln« wollen und sie als pädagogisches Werkzeug einsetzen. Schlimm sei auch, dass sein Jugendroman »Räuberhände« Abiturthema gewesen sein. »Ein fürchterlicher Zugang zur Literatur, wenn man beweisen muss, dass man alles verstanden hat.« (GEA)