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Josef Hader: Kabarett ermöglicht es mir, Bauernsohn zu bleiben

Josef Hader über seine Rolle im ZDF-Zweiteiler »Sturm kommt auf« und die Rolle der Satire in Zeiten von Donald Trump.

Josef Hader sieht sich selbst nicht als mutigen Menschen.
Josef Hader sieht sich selbst nicht als mutigen Menschen. Foto: Jörg Carstensen/dpa
Josef Hader sieht sich selbst nicht als mutigen Menschen.
Foto: Jörg Carstensen/dpa

GRAZ. JOSEF HADER IST EINER DER BEKANNTESTEN KABARETTISTEN ÖSTERREICHS, AUßERDEM SCHAUSPIELER UND FILMEMACHER. MIT DEM GEA SPRACH ER ÜBER SEINE ROLLE IM ZDF-ZWEITEILER »STURM KOMMT AUF« UND DIE ROLLE DER SATIRE IN ZEITEN VON DONALD TRUMP.. Herr Hader, Sie spielen die Hauptrolle in der Oskar-Maria-Graf-Verfilmung »Sturm kommt auf«. Haben Sie zuerst den Roman gelesen oder das Drehbuch?

Hader: Ich habe den Roman zuerst gelesen, weil das Drehbuch zu der Zeit noch nicht fertig war. Aber ich hätte Regisseur Matti Geschonneck fast blind zugesagt, weil er viele Filme gedreht hat, die ich sehr mag.

Was hat Sie an dem Projekt gereizt?

Hader: Ich spiele eine Figur, die zu Beginn nicht sehr mutig ist und dann im Laufe der Zeit mutig wird. Diese Entwicklung hat mich gereizt. Wir befinden uns in einer Zeit, wo wir sehen wie schnell Leute umfallen, wenn es sie nur etwas Geld kosten würde, Prinzipien zu haben – ich denke da beispielsweise an die Kabarettisten die zum Comedy-Festival nach Riad gereist sind – ein Festival, das ähnlich wie bestimmte Sportveranstaltungen veranstaltet wird, um eine Autokratie liberal erscheinen zu lassen.

Würden Sie sich selbst als mutigen Menschen bezeichnen?

Hader: Nein. Aber ich finde es auch schwierig über Menschen zu urteilen, die in der Zeit gelebt haben, in der der Film spielt, im beginnenden Nationalsozialismus. Wir wissen nicht wie wir gehandelt hätten, wenn wir damals gelebt hätten.

Der Film stellt die Entwicklung hin zum Nationalsozialismus in einem Dorf. Was reizt sie an der Provinz?

Hader: In einem Dorf müssen die Leute miteinander auskommen, weil sie aufeinander angewiesen sind. Bestimmte Streitigkeiten werden nicht offen ausgetragen. Mein Bruder, der in dem Dorf lebt, in dem ich aufgewachsen bin, hat mir erzählt, dass die Leute dort, über bestimmte Themen nicht mehr sprechen. Deshalb war es spannend, die Entwicklung in diesem Mikrokosmos zu zeigen.

Wie hielten Sie es mit dem Dialekt? Können Sie als Österreicher bayrisch sprechen?

Hader: Die Person, die ich darstelle, kommt ursprünglich aus Lemberg, also passt das schon. Dennoch braucht sie einen gewissen Dialekt, damit man die Authentizität in diesem Mikrokosmos hinbekommt. Deshalb haben wir an einigen Ausdrücken lange gefeilt, damit man sie auch bundesweit versteht.

Sie sind Schauspieler, Filmemacher und Kabarettist. Welcher Beruf ist Ihnen am wichtigsten?

Hader: Das Kabarett ist das, was ich am längsten mache und am besten kann. Als Bauernsohn liebe ich die Unabhängigkeit, die mir die Bühne gibt. Das Kabarett ermöglicht es mir, ein Bauernkind zu bleiben.

Wie ist es in Zeiten von Donald Trump Kabarett zu machen. Hat die Realität nicht längst die Satire überholt?

Hader: Bei dieser These vom Überholmanöver stimme ich nicht zu. Das gute Kabarett ist wichtiger denn je. Das Problem ist doch, dass ein unreifer, aber sehr reicher Mensch in eine Machtposition kommt und alle berichten darüber, als wäre das ganz normal. Wir machen den Ausnahmezustand zum Normalzustand. Wahrscheinlich müssen wir das tun, um die Realität auszuhalten. Und dann braucht es das gute Kabarett um den Leuten den Spiegel vorzuhalten, damit sie erkennen, dass der Kaiser gar keine Kleider anhat.

Das gute Kabarett hat sich im deutschsprachigen Raum vor allem in Regionen entwickelt, in denen bestimmte Parteien sehr lange an der Macht waren und die Machtstrukturen sehr gefestigt waren. Warum ist das so?

Hader: In der Nachkriegszeit musste sich der kritische Journalismus erst wieder etablieren. Deshalb kam dem Kabarett eine bestimmte Rolle zu. Kabarettisten sprachen bestimmte Dinge aus, bevor sich die Journalisten trauten sie auszusprechen. Das war beispielsweise beim Spiegel-Skandal so, als die Münchener Lach- und Schießgesellschaft sich zuerst traute, Dinge beim Namen zu nennen. In Amerika haben die großen Fernsehsendungen die Rolle übernommen, eine Gegen-Öffentlichkeit zu etablieren. Weil das so ist, wird der Kampf um diese Fernsehsendungen dort gerade auch so erbittert geführt.