BURLADINGEN-MELCHINGEN. »Wir möchten mal wieder ein Sommertheater daheim machen«, sagt Intendant Stefan Hallmayer. Darum inszeniert das Theater Lindenhof nun »Jedermann (stirbt)« open-air in der Burgruine Hohenmelchingen.
Das Stück wurde vom Österreicher Ferdinand Schmalz als neue Version des berühmten Stücks »Jedermann. Das Spiel vom Sterben des reichen Mannes« von Hugo von Hofmannsthal geschrieben. Dieses wurde 1911 uraufgeführt und handelt vom reichen »Jedermann«, der auf einem Fest dem Tod in Person begegnet und sich plötzlich auf das Endgericht vorbereiten muss. Obwohl Jedermann viel Schlechtes getan hat, rettet ihn am Ende Gottes Gnade vor dem Teufel. Man muss allerdings die alte Version nicht kennen, um das Sommertheater genießen zu können.
Hallmayer gefällt der »moderne Zugriff« und die »heutigere« Sprache von Schmalz’ Stück. Es ist nicht das erste Mal, dass die Melchinger ein Stück von ihm spielen, auch »Der Herzerlfresser« wurde schon aufgeführt. »Seitdem haben wir den Autor immer so ein bisschen unter Beobachtung gehabt«, sagt Dramaturg Georg Kistner.
Ein großer Unterschied zwischen Hofmannsthals und Schmalz’ Version ist, dass die neue säkularisiert ist. Der Glaube an Gott wird durch den Glauben ans Geld ersetzt und bietet nicht wie bei Hofmannsthal eine Erlösungshoffnung. Außerdem gibt es bei Schmalz neue Personen. Jedermann hat eine Ehefrau, nicht nur eine Geliebte oder sogenannte Buhlschaft. Diese Buhlschaft wird außerdem mit der Person des Todes zur Buhlschaft Tod zusammengefügt. Auch die »teuflisch-gute Gesellschaft« ist eine Neuerung. Sie besteht aus jungen Leuten, die den Tod Jedermanns befördern und somit einem problematischen System zum Untergang verhelfen.
Techno-DJs legen auf
»Der Abend nutzt es, auf eine elaborierte Weise darauf hinzuweisen, dass wir am Wendepunkt unserer Weltgesellschaft stehen«, so Hartmut Wickert, der Regie führt. »Lösungen bietet das Stück zum Glück keine an«, sagt er. Es zeige aber auf neuralgische Punkte im System und werfe Fragen auf. Wickert sieht das Stück aber nicht als moralisch, sondern durchaus als komisch und humorvoll an. Außerdem sagt er: »Die Verbindung mit dem Publikum ist sehr penetrant und stark.« So zum Beispiel, wenn Figuren nicht in Einzahl, sondern vom »Wir« sprechen.
Wickert sieht bei Schmalz eine Kritik an den Salzburger Festspielen, wo das Stück »Jedermann« traditionell aufgeführt wird. Dort würden sich »die Reichen anschauen, wie ein Reicher stirbt, und die Kritik an der Gesellschaft später beim Apéro wegputzen«, so der Regisseur. Auch Kistner sagt: »Es ist ein tolles Stück über die Unbelehrbarkeit von Gesellschaft.«
Die Wahl der heruntergekommenen Burg als Schauplatz für diese Kritik passt zu den Regieanweisungen von Schmalz: Er möchte explizit nicht, dass es ein schöner Wiener Garten ist.
So steht nun mitten in den alten Gemäuern des Hohenmelchingen ein überdimensionaler Holztisch, der auch als Spielfläche dient. Das Publikum sitzt quasi mit im ruinierten Festsaal, in dem zwei Techno-DJs aus Tübingen Partystimmung verbreiten. Am hinteren Ende des Saals ist eine Art Proszenium aufgebaut. Ein roter Vorhang wird dort einen verborgenen Raum schaffen, aus dem die Figuren herauskommen und wohin sie verschwinden.
Farbig, modern und skurril werden ihre Kostüme sein, die von Katharina Müller gemacht wurden. Verkörpert werden die Figuren von Franz Xaver Ott, Petra Weimer, Linda Schlepps, Ursula Bürkert, Berthold Biesinger, Bernhard Hurm, Berthold Biesinger, Rino Hosennen, Hannah Im Hof und Luca Zahn.
Sollte es stark regnen oder gewittern, wird die Vorstellung abgebrochen. Bei leichtem Regen wird weitergespielt. Für das leibliche Wohl sorgt Lindenhof-Gastwirt Tobias Betzmann, sowohl an der Ruine, als auch im Gasthof vor und nach der Vorstellung. (GEA)
AUFFÜHRUNGSINFO
»Jedermann (stirbt)« wird das erste Mal am Samstag, 16. Juli, und das letzte Mal am Sonntag, 7. August, in der Ruine Hohenmelchingen um 20.30 Uhr aufgeführt. Eine eigene Anfahrt zur Burg ist nicht möglich, es gibt aber ein Busshuttle: ab 18.45 Uhr im Viertelstundentakt am Parkplatz Sportplatz oder dem Theaterhaus in Melchingen. Nach der Vorstellung gibt es außer den Busshuttles auch eine begleitete Wanderung nach unten. Karten gibt es über die Webseite des Theaters, das Kartenbüro und die Vorverkaufsstellen der Region. (GEA) www.theater-lindenhof.de