Grilling me softly

REUTLINGEN. Der heutige Hipmensch unterscheidet zwischen »Places to be« und »Places not to be«. Am Samstagabend im franz.K konnte man beides auf einmal haben: drei Stunden ausgelassenes Gelächter mit Wortverdreher Willy Astor (»Place to be«) – und drei Stunden atemberaubende Sauna in einem ausverkauften Saal, der bei solchen Außentemperaturen eigentlich gar nicht bespielt werden dürfte (»Place not to be«). Oberschwitzer Astor erntete völlig verdient Standing Ovations. Wegen großer Nachfrage stellte er sich am Sonntagmorgen erneut auf die franz.K-Bühne.

So schnell waren Künstler und Publikum selten ein Herz und eine Seele. »Es gibt hier offenbar eine Lüftung der Marke Placebo«, stellte Astor in seiner Begrüßung fest und orderte bei der Haustechnik tragbare Ventilatoren für die Bühne, die tatsächlich binnen Minuten aufgetrieben wurden. Den Luftstrom teilte Astor redlich mit dem Publikum vorne und winkte hoch zur Galerie. »Ich bewundere Sie für Ihren tollkühnen Wagemut.«

Man litt und lachte gemeinsam

Man litt gemeinsam, umso inbrünstiger wurden Astors Pointen genossen. In einer der neuen Miniaturen huldigt er jenen Zeiten, als man für sich und Freunde noch Kassetten aufgenommen hat. Maxell, TDK oder »die Arbeiterkassette von BASF«. Mit dem Finger sechsmal drehen, bis schwarzes Band kommt, einlegen, Pause drücken, dann »Play« und »Rec« gleichzeitig … ach, damals! Den Jüngeren im Publikum gab Astor willig Nachhilfe: »Das waren die Zeiten, als Telefone noch Schwänze hatten.«

Hip-Hop macht Astor neuerdings auch, »Pubatier inda House« heißt die Poser-Nummer, in der es ums Pickelausdrücken geht, um dicke Kopfhörer und um das, was sich unterm Bett so alles ansammeln kann. Zwischendurch gab es zeitlos Schönes, darunter das Medley jener Kompositionen, die ihm von Weltstars geklaut worden sind: Aus »Ein Ski« wurde »Angie«. Aus »Super Tupper Limited Edition« hat Abba »Super Trouper« gemacht. Und »Grilling me softly« kennt heute auch jedes Kind.

Ab in die Wortwolke

Natürlich hat Astor auch wieder in einer Wortwolke gewütet. So, wie man es aus seinem »Radkäppchen und der böse Golf« kennt, der Automarken- und Bauteile-Orgie. Diesmal waren Marken und Werbung dran: »Aldi Lidl sind Toppits«.

Er ist längst selbst eine Marke, dieser Schelm aus München, der zwischen einstudierten Nummern ins Plaudern kommt und eine Liebeserklärung an Maultaschen in der Brühe abgibt. Der durchs Publikum schlendert und den Fans dabei die Gelegenheit bietet, sich zu blamieren. Und der am Ende jedes Auftritts die völlig weggelachten Leute einfängt und mitnimmt auf eine meditative Reise: mit einem virtuosen Gitarren-Instrumental. Das muss man auch erst mal bringen. (GEA)