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Gitarrist Friedemann Wuttke eröffnet Eninger Rathauskonzertreihe

Gitarrist Friedemann Wuttke schlug bei seinem Auftritt in der Eninger Rathauskonzertreihe den Bogen von Paris nach Brasilien. Aber würden Café-Atmosphäre und Urwald-Impressionen wirklich harmonieren?

Wohlkonturierte Tongestaltung: Friedemann Wuttke beim Eninger Rathauskonzert.
Wohlkonturierte Tongestaltung: Friedemann Wuttke beim Eninger Rathauskonzert. Foto: Armin Knauer
Wohlkonturierte Tongestaltung: Friedemann Wuttke beim Eninger Rathauskonzert.
Foto: Armin Knauer

ENINGEN. Friedemann Wuttke ist einer, der nichts dem Zufall überlässt. Die Motive, die er seiner Gitarre entlockt, wirken wie mit einem Präzisionsinstrument herauspräpariert. Lautstärkeabstufungen, Echo-Effekte, alles ist minutiös kalkuliert. Und doch soll alles leicht und schwebend klingen. Ein Paradox, das er mit den Komponisten seines aktuellen Programms teilt, mit dem er am Sonntagabend in der Eninger Rathauskonzertreihe zu Gast war.

Es ging um französische Impressionisten, Satie, Debussy, Ravel. Und um Heitor Villa-Lobos, den Brasilianer, der lange in Paris lebte und beide Welten verbindet. Weshalb das Programm »Ein Brasilianer in Paris« hieß – in Anlehnung an Gershwins berühmtes Stück »Ein Amerikaner in Paris«. Ob jedoch Villa-Lobos oder Debussy und Konsorten – auch bei ihnen erwächst das Luftige aus der Präzision der Motive.

Leuchtkraft des Klangs

Insofern passten Musik und Interpret zueinander. Und doch blieb die Frage, ob bei Wuttke aus der Präzision der Motivarbeit das impressionistische Schweben erwachsen würde. Im ersten Teil lautete die Antwort: bedingt. Wuttkes Spielweise zielt auf kraftvollen Zugriff und große Tonfülle. Die braucht er, um seine Lautstärke-Kontraste zu setzen. Und die bringt er in den drei »Gnossiennes« und drei »Gymnopédies« von Erik Satie schön zur Geltung. Leuchtkraft des Klangs, Klarheit der melodischen Linien, Zurücknehmen der leisen Passagen – alles da und auf den Punkt. Gelungene Umsetzungen – denen jedoch gerade in der auf Präzision getrimmten Konturierung auch ein bisschen etwas Abgezirkeltes anhaftet.

Genau diesen etwas zu verbissenen Willen zur Präzision schafft Wuttke jedoch im Laufe des Konzerts mehr und mehr abzulegen. Zwei Etüden von Villa-Lobos fließen verträumt und tänzerisch zugleich dahin, öffnen dunkle Klangräume, verbreiten vibrierende Rhythmik. In einer Sarabande von Francis Poulenc wird es sanft und feierlich. In Manuel de Fallas Debussy-Hommage bezaubert Wuttke mit rauschenden Arpeggien und fein kontrastierten leisen Stellen.

Eigene Bearbeitungen

Ein bisschen staksig wirkt die sanft schreitende Melodie von Ravels »Pavane pour und infante défunte« – die eigene Bearbeitung Wuttkes von Klavier zu Gitarre erweist sich hier als hakelig. Dafür fließen die Melodien in ebenfalls eigenen Bearbeitungen von zwei Debussy-Klavierstücken wunderbar natürlich: erst »La fille aux cheveux de lin«, dann das berühmte »Clair de lune«, dem Mondlicht gewidmet, in gedämpften Farben schimmernd.

Drei Menuette des spanischen Frühromantikers Fernando Sor legt Wuttke nach der Pause als blitzende Musikperlen hin. So richtig im Element ist er bei den fünf Préludes von Villa-Lobos. Hier ist das zu Gewollte und Abgezirkelte völlig weg, hier strömt ihm die Musik völlig organisch unter den Fingern. Und hier wird der Brückenschlag am besten spürbar, der das ganze Programm ausmacht: Das quirlige Treiben der Großstadt wirbelt in den chromatischen Akkordverschiebungen und aufreizenden Rhythmen dieser Sätze; genauso aber, vor allem im dritten und vierten Prélude, die sanfte Meditation und das atmosphärische Schweben der weiten Natur Brasiliens. Ein gelungener Auftakt der Rathauskonzertreihe. (GEA)