REUTLINGEN. Die Zeit des Französischen als »lingua franca«, als Sprache der Welt, ist lange vorbei. Was das für ein großer kultureller Verlust ist, erlebten die Gäste des franz.K mit der Kölner Band Chanson Trottoir am Freitagabend. Zwei Spanier, ein Russe, ein Kölner, ein Allgäuer – also quasi fünf Nationen – haben sich darauf verständigt, französisch zu singen.
Einer lebte mal in Paris – der Liebe wegen, was sonst. Ein anderer kannte vorher gerade mal Edith Piaf. Die Vielfalt des Quintetts spiegelt sich auch in der musikalischen Varianz. Sie kombinieren die Eleganz von Chansons mit Folk-Klängen und Jazz mit Punk-Attitüde. Sie setzen neben Bass, Gitarre, Keyboard und Schlagzeug auch Klarinette, Saxofon und Trompete ein.
Appell gegen Rassismus
Die Botschaft ist jedoch klare Linie. Aber auch hier zeigt sich der Vorteil des Französischen. »C’est un appel contre racisme« klingt nicht nur in der Ankündigung, sondern auch in der leichtfüßigen Ausführung deutlich weniger nach erhobenem Zeigefinger, wenn man sich sprachlich in Paris statt im pietistischen Württemberg wähnt.
»L'araignée« – die Spinne – heißt das aktuelle Album: Noch so ein Beispiel, wie die Klangfarbe des Französischen ein anderes Bild im Kopf prägt, analog zum regenbogenfarbenen Mehrbeiner auf dem Album-Cover. Es vernetzt die musikalischen Stile, Chansons mit elektronischen Elementen, die unterschiedlichen Stimmen der Bandmitglieder, die Stimmungen von melancholisch bis straßenfesttauglich zu einem lebhaft-chaotischen Mix.
Das Publikum tanzt
Die weiche Sprache des Nachbarlands katapultiert das Werk geschmeidig in die Gehirngänge. Im franz.K bringen die Songs das Publikum zum Tanzen, manchmal gar zum euphorischen Hüpfen – und gar nicht mal so unelegant: Auch hier bestimmt das Sein des Sprachklangs das Bewusstsein des Talents zur harmonischen Bewegung. Für anderthalb Stunden fühlt sich der Club des franz.K an wie eine französische Straße, auf der die Leichtigkeit des Seins gefeiert wird. (GEA)