REUTLINGEN. Die Liebe in all ihren Nuancen, aber auch Humoriges und sogar Wissenschaftliches bot Sopranistin Anne Munding im sehr gut besuchten Konzert »Wechselspiele« der Künstlerinnengemeinschaft Gedok im Reutlinger Spitalhofsaal. Harmonisch am Klavier begleitet wurde sie von Nathalie Glinka.
Das Programm begann fulminant mit der Friedrich-Rückert-Vertonung »Er ist gekommen in Sturm und Regen«, bei der das Naturschauspiel und aufgewühlte Gefühle sich in temperamentvoller Klaviermusik wiederfinden. Anne Munding sang expressiv und hingebungsvoll mit klarer, kraftvoller Stimme.
In Gesang, Gestik und Mimik widmete sie sich der verlorenen Geliebten in der Heinrich-Heine-Umsetzung »Ich stand in dunklen Träumen«. In sechs Stücken, in denen Quelle, Bach und See die Synonyme für Hoffnung, Träume und Getragenwerden bilden, hatte das Ehepaar Josephine Lang (Musik) und Christian Reinhold Köstlin (Text) im 19. Jahrhundert seine eigene Liebesgeschichte dargestellt. Paradestücke für Anne Munding mit ihrem Schwerpunkt im romantischen Lied.
Einfühlsam vorgetragene und begleitete Fanny-Hensel-Vertonungen von Goethe- und Eichendorff-Gedichten (»Über allen Wipfeln ist Ruh«, »Anklänge«) ließen das Publikum in Naturromantik schwelgen.
Wuselnde Wühlmaus
Doch auch der Humor kam nicht zu kurz. »Vier Lieder für Eingeweihte« des zeitgenössischen Komponisten Veit Erdmann-Abele auf Texte von Richard Salis berichteten von einer Hausfrau, der ein fehlendes Roman-Happy-End den Schlaf raubt, und von einer »gestrickten und gehäkelten« Buchhändlerin – mit einem verschmitzten Lächeln von der Sopranistin präsentiert. »Tausendrose« und »Sommerstunde« zeigten mit meditativen Inhalten eine weitere Facette der vier Lieder.
»Vier Nonsens-Songs« hatte Karl Michael Komma 1996 nach Texten von Goethe und Fred Endrikat geschaffen. Lacher gab es für eine wuselnde, gefräßige Wühlmaus und die »Enzian-Sinfonie« mit Geräuschen aus den Alpen.
Nach minutenlangem Beifall und Bravo-Rufen spendierten die beiden Künstlerinnen noch eine Zugabe. Hansjörg Hummel, langjähriger Leiter der Reutlinger Musikschule, hatte sich 1997 den neu entschlüsselten Schriftzeichen auf dem Diskos von Phaistos aus der Bronzezeit angenommen und zu den Texten über griechische Götter Melodien komponiert. Anne Munding ließ diese beschwörend und geheimnisvoll aus dem Dunkel der Antike auftauchen. (GEA)