Logo
Aktuell Festival

Französische Filmtage: Magisch, skurril und kritisch

Die Französischen Filmtage wagen einen Blick auf die Künstliche Intelligenz und legen den Fokus auf die Schweiz

Szene aus dem Eröffnungsfilm »Les Misérables« von Ladj Ly. Foto: Filmtage Tübingen
Szene aus dem Eröffnungsfilm »Les Misérables« von Ladj Ly. Foto: Filmtage Tübingen
Szene aus dem Eröffnungsfilm »Les Misérables« von Ladj Ly. Foto: Filmtage Tübingen

TÜBINGEN/REUTLINGEN. Sprechende Kühlschränke sind seit Alexa und anderen smarten Geräten keine Zukunftsfantasien mehr. An der Künstlichen Intelligenz (KI) wird mit Hochdruck geforscht. Was dies für die Gesellschaft bedeutet, wird sich noch zeigen. Die 36. Französischen Filmtage in Tübingen, Stuttgart und Reutlingen wagen schon jetzt einen kritischen Blick auf die Folgen. Die Schweiz ist zudem im Fokus. Außerdem »wird es auch magisch«, verspricht Festivalleiter Christopher Buchholz.

Eröffnung. Bereits am Mittwoch, 30. Oktober, werden die Französischen Filmtage mit zahlreichen Ehrengästen im Tübinger Museum eröffnet. Los geht es am Mittwochabend um 19.30 Uhr mit dem Film »Les Misérables« von Ladj Ly, aus der Reihe »Horizonte«, verrät der Festivalleiter im Pressegespräch. In dem Film geht es um ein von Gangstern korrumpiertes Stadtviertel im Großraum Paris. »Leider gibt es solche Viertel wirklich«, weiß Buchholz. Außerdem wird es einen Schweizer Empfang geben und am 31. Oktober, um 20 Uhr tritt das Schweizer Duo »Caroussel« im Reutlinger franz.K. auf.

Künstliche Intelligenz. Mehrere Filme behandeln das Thema der Zukunft, das im diesjährigen Logo steckt: Die Entwicklung »vom Affen zum Menschen« dauerte lange, die Entwicklung von KI geht rasant, findet Buchholz. Was sind die Folgen von KI? »Werden wir Mikrochips kaufen, die unsere Intelligenz erhöhen?« Im Film »Yves« gibt es einen intelligenten Kühlschrank, der den Rapper Jerem zum Youtube-Star macht. »Der Film ist sehr witzig, aber auch gruselig«, sagt Pressesprecherin Andrea Bachmann. Denn die Freundin des Rappers verliebt sich in den Kühlschrank und zieht sich sogar vor ihm aus.

Fokus Schweiz. »Dieses Mal zeigen wir zehn Schweizer Filme«, sagt Filmtage-Programm-Manager Hasan Ugur. Die Filmszene dort ist interessant, denn: »Auffällig ist der nach außen gerichtete Blick«, sagt Christoph Buchholz. Weltoffen und hochwertig sind die Filme, obwohl das Land viele Konservativ-Kräfte habe, die eher das Bisherige wahren möchten, beschreibt der Leiter. In dem Dokumentarfilm »Where We Belong« geht es hingegen um Kinder deren Eltern sich trennen. Im Film »Zone Rouge« spielt Buchholz sogar selbst mit.

Fokus Afrika. Seit 32 Jahren gibt es afrikanisches Kino bei den Filmtagen. »Endlich machen die Ex-Kolonien mehr über sich selbst«, sagt Buchholz. In »Papicha« gerät eine junge Frau, die Modedesign studiert, in die Wirren des algerischen Bürgerkriegs. Islamisten tauchen auf dem Campus auf und verbieten den Studentinnen alles. In »Le loup d’or de Balolé« geht es um Goldsuche in Burkina Faso.

Horizonte. Ein Blick in das Überirdische wagt der Film »L’Angle mort«. Darin kann sich der Hauptprotagonist unsichtbar machen. Und in »Le Daim« spricht eine Wildlederjacke und will zum Filmstar werden. »Das ist total witzig«, schwärmt Buchholz. Magisch und gruselig findet er hingegen »Zombi Child«. Darin werden Menschen durch einen Voodoo-Zauber in Sklaven verwandelt.

Blickfang. »Ich mag Tanzfilme«, sagt der Festivalleiter und empfiehlt daher »Lil Buck – Real Swan«. Der Film zeige wie wichtig der Tanz in Memphis beziehungsweise in armen Gegenden ist und wie er Menschen, die in Gewalt und Armut leben, am Leben erhält. Im Krimi »Les Siffleurs« wird das Leben eines durch die Drogenmafia korrumpierten Polizeiinspektors auf der Kanareninsel La Gomera verfolgt.

Neuheit. »lch möchte zeigen, dass diese Lebensformen eigentlich keiner Diskussion und schon gar nicht einer Rechtfertigung bedürfen«, sagt Hasan Ugur zu der neuen kleinen Reihe »LGBT« (»Lesbian, Gay, Bisexuell and Transgender«). Zu der Reihe gehört etwa »Lola Pater«, in dem Fanny Ardant die schöne Lola spielt, die vor 25 Jahren noch Farid geheißen hat.

Diskussion. Es wird eine Reihe an Diskussionsrunden geben. Um Populismus geht es nach dem Film »Chez Nous« (31. Oktober, 18 Uhr, Kupferbau), um die Gelbwesten nach »Le documentariste Gilles Perret et les gilets jaunes« (1. November, 17.45 Uhr, Museum Tübingen). Um Feminismus nach der Doku »Delphine et Carol« (2. November, 16 Uhr, Atelier Tübingen), um KI nach »L’Intelligence artificelle va-t-elle nous dépasser?« (4. November, 19.30 Uhr, Institut Culturel)

Retrospektive. Der französische Musiker, Regisseur und Drehbuchautor Denis Dercourt kommt nach Tübingen. Von ihm werden unter anderem »En équilibre« und »La Tourneuse de pages« gezeigt.

Film und Musik. Im Cinéconcert ist der Science-Fiction-Film »Metropolis« aus dem Jahr 1927 von Fritz Lang zu sehen. »Das muss man gesehen haben und erleben«, sagt Buchholz. Der mexikanische Electronic-Künstler Murcof macht die Musik dazu. Am Montag, 4. November, im Stuttgarter Metropol und Dienstag, 5. November, im Tübinger Museum, jeweils um 20 Uhr. Außerdem gibt es Gespräche mit den Film-Komponisten Gaspar Claus, Delphine Ciampi-Ellis und Julie Roué.

Wettbewerb. Besonders wichtig ist der mit 21 000 Euro dotierte Verleihförderpreis, der von der MFG Filmförderung Baden-Württemberg, Unifrance und OFAJ – Deutsch-Französisches Jugendwerk gestiftet wird. Das Preisgeld erhält der deutsche Verleih, der den Gewinnerfilm des Tübinger Publikumspreises in die deutschen Kinos bringt. Im Internationalen Wettbewerb konkurrieren neun Filme um den Filmtage-Preis. Der Preis, wie auch der Preis für den innovativsten Kurzfilm, wird von einer internationalen Jury vergeben. In diesem Jahr konnten die Filmemacherin Marine Francen, die Filmproduzentin Madeleine Corbat und der Filmemacher Pascal Tessaud als Jurymitglieder gewonnen werden. (GEA)

www.franzoesische.filmtage-tuebingen.de

 

FRANZÖSISCHE FILMTAGE IN REUTLINGEN

Rund um das Festival vom 30. Oktober bis 6. November

Im Jahr 1983 begann der Startschuss der Französischen Filmtage in Reutlingen, bereits ein Jahr später waren sie in Tübingen. Seit vergangenem Jahr sind sie zurück.

Im Reutlinger Kamino beginnen die Vorstellungen teilweise schon um 11.30 Uhr. Das Abendprogramm ist wie folgt:

Donnerstag

, 31. Oktober: »Trois jours et une vie«, 20 Uhr.

Freitag:

»L’incroyable histoire du facteur Cheval«, 20.15 Uhr; »Perdix«, 22.15 Uhr.

Samstag:

»Les Misérables«, 20.15 Uhr; »Zombie Child«, 22.15 Uhr.

Sonntag:

»Les crevettes pailletées«, 20 Uhr.

Montag:

»Le daim«, 20.30 Uhr.

Dienstag:

»Le mystére Henri Pick«, 20.15.

Mittwoch:

»La belle époque«, 20 Uhr. (mnk)