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Finstere Clowns: »Pierre Omer's Swing Revue« im Reutlinger franz.K

Mit »Pierre Omer's Swing Revue« wurde das franz.K am Donnerstagabend zum Schauplatz einer skurrilen Retro-Reise zwischen Foxtrott und Garagenrock. Mit vier Musikern aus Genf, die mit Smoking und Fliege die finsteren Clowns gaben.

Skeptischer Blick, bizarre Kopfbedeckung: Pierre Omer besingt die Apokalypse und andere Skurrilitäten.
Skeptischer Blick, bizarre Kopfbedeckung: Pierre Omer besingt die Apokalypse und andere Skurrilitäten. Foto: Armin Knauer
Skeptischer Blick, bizarre Kopfbedeckung: Pierre Omer besingt die Apokalypse und andere Skurrilitäten.
Foto: Armin Knauer

REUTLINGEN. Es hat seinen Reiz, wenn einen Konzerte in Regionen katapultieren, in die man nicht jeden Tag zu Fuß kommt. Der Donnerstagabend im franz.K war so eine Gelegenheit. Gleich die Tübinger Vorgruppe Die Vagari beamte das Publikum nach Irland, Italien und Bulgarien.

Stilecht versenkt sich die rein instrumentale Combo in die jeweiligen Welten. Geigerin Paula Rotter lässt die irischen Reels herrlich sprudeln und wippt dazu in den Knien, als stünde sie in einem Pub in Dublin. Moritz Länder rast mit den Fingern über die Tastatur seines Akkordeons, sodass man sich in einer Hafenkneipe fühlt. Judith Beschle bleibt bei bulgarischen Sieben-Achtel-Rhythmen am Kontrabass freundlich-entspannt. Und Jonas Leuther bettet das unaufdringlich auf die Rhythmen seines Schlagzeugs. Zwei Klezmerstücke lassen die Welt der ostjüdischen Schtetl aufleben, münden in pure Tanz-Ekstase.

Im schummrigen Tanzlokal

Bei der Hauptband des Abends, »Pierre Omer's Swing Revue« aus Genf, fühlt man sich wie in einem 50er-Jahre-Krimi, in dem sich der Detektiv in ein zwielichtiges Tanzlokal verirrt. Die drei Männer auf der Bühne und auch die eine Frau tragen Smoking, Hemd und Fliege; zwei der Herren, nämlich Pierre Omer und Schlagzeuger Julian Israelian haben zudem bizarre Kopfbedeckungen auf.

Sie spielen genau die Musik, die einem Trenchcoat-Ermittler in so einem schummrigen Schuppen begegnen würde: Foxtrotts und Tangos, Quicksteps und rauchige Swing-Songs. Alles mit viel Beat unter der Haube, launig-humorvoll und auf witzige Weise düster. »The game is over« orakelt Christoph Gantert finster ins Mikro wie eine Mischung aus spätem Sinatra und spätem Beethoven. »Sometimes I don't know what keeps me going«, säuselt Pierre Omer honigsüß, ehe er sich in eine Moderation wirft, die ihn als Französisch-Muttersprachler verlässlich in die Fallstricke der deutschen Sprache führt.

Finstere Clowns

So geben sie die finsteren Clowns einer Show, in der der Untergang beschlossen aber nicht weiter ernstzunehmen ist. Christoph Gantert jagt seine gestopfte Trompete durch wunderliche Improvisationen und zieht aus einem Koffer lustige Geräuscherzeuger von Quietscheente bis Partytröte. Pierre Omer sorgt an der Gitarre für hitzigen Swingbeat. Géraldine Schenkel entlockt zwei Synthesizern, die offenbar Jahrzehnte auf dem Buckel haben, glitzerndes Perlen oder Kreischen wie aus dem Horrorfilm. Und Julian Israelian zaubert virtuos am Schlagzeug, ohne einmal eine Miene zu verziehen. Großartig. Die rund 150 im Saal schätzen es, dass noch eine ganze Reihe von Zugaben kommt. (GEA)