STUTTGART. 30 Jahre sind die Emil Bulls schon im Geschäft, »und von mir aus können wir gerne noch ein paar Jahre so weitermachen«, versichert Sänger Christoph von Freydorf dem Publikum im LKA Longhorn in Stuttgart. Die Münchner Band war schon mehrfach in der baden-württembergischen Landeshauptstadt, »aber noch nie waren so viele Leute da wie heute«. Bisher haben die Bulls hier eher in kleinen Clubs gespielt, das größere LKA haben sie aber auch gut voll bekommen. Die Fangemeinde ist treu – und sie wächst. »Family means Family forever« lautet eine Zeile im Song »Age of Revolution«. Nach 30 Jahren Band-Geschichte können ihn manche Fans ganz wörtlich nehmen: Etliche haben ihre Kinder mit dabei. »Musikalische Früherziehung«, nennt Christoph von Freydorf das ganz nett.
Trotzdem ist das Familienfest kein Kaffeekränzchen. Auf das Aufwärmen folgt der »Aufguss«, Christoph von Freydorf verspricht nicht zu viel. Im LKA wird's heiß, »hier tropft es ja von der Decke«, lobt er seine Fans, die sich im Circle Pit und beim Crowd Surfing verausgaben, aber so gut aufeinander aufpassen, dass sich keiner ernsthaft weh tut. Auch die Bandmitglieder – außer von Freydorf ist nur noch Gitarrist Stephan Karl »Moik« von der Ur-Besetzung übrig – sind gut in Form. Das gilt vor allem für den Frontmann, der sich nicht nur mit Bier, sondern entgegen aller Klischees auch mit Sport fit hält: Letzten Sommer ist er von München aus mit dem Rad zum Auftritt nach Wacken gefahren. Das Training hat sich gelohnt, keiner eskaliert so schön wie Christoph von Freydorf.
Von poppig bis heftig
»Love will fix it« ist das mittlerweile elfte Studio-Album. Der Song, nach dem es benannt ist, ist erstaunlich poppig – so poppig, dass es die Band damit im Sommer sogar am Sonntagmorgen in den ARD-Fernsehgarten geschafft hat. Die CD wird deshalb trotzdem nicht im Regal eines jeden Fernsehgarten-Zuschauers stehen, dafür geht's überwiegend dann doch zu heftig zur Sache. In den Strophen schreit Christoph von Freydorf gerne mal über brachialem Metal-Gedonner, die Refrains sind durchweg mitsingtauglich. Ein Emil-Bulls-Konzert macht – vorausgesetzt, man ist einigermaßen textsicher – auch deshalb richtig viel Spaß: Es ist Gruppensingen in der Hardcore-Variante, die Fans sind eine eingeschworene Gemeinde.
Wie bei jedem ordentlichen Familienfest wird auch ein bisschen im Album geblättert. Da ist in den vergangenen Jahren ganz schön was zusammen gekommen, die Band spielt sich durch alle drei Jahrzehnte, ein Bulls-Konzert ist auch ein Wechselbad der Gefühle. »Euphoria« ist ein fröhlicher Mithüpf-Sountdtrack, »Not Tonight Josephine« ein böser Schlussmach-Song und »Happy Birthday You Are Dead To Me« eine einzige Kriegserklärung. »Winterblood« ist an epischer Traurigkeit kaum zu überbieten und steht im Kontrast zu derben Metal-Brettern und partytauglichen Hits, das Cover des 80er-Jahre-Hits »Tell It To My Heart« von Taylor Dane ist so einer. Ach, da freut man sich doch schon aufs nächste Familienfest. (GEA)