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Facetten der Jazz-Posaune: Uli-Gutscher-Quartett im Reutlinger Jazzclub Mitte

Uli Gutscher brachte mit seinem Quartett Klangfarben und Stilvielfalt in den Reutlinger Jazzclub Mitte.

Meister des Posaunenklangs: Uli Gutscher im Jazzclub Mitte.
Meister des Posaunenklangs: Uli Gutscher im Jazzclub Mitte. Foto: Thomas Morawitzky
Meister des Posaunenklangs: Uli Gutscher im Jazzclub Mitte.
Foto: Thomas Morawitzky

REUTLINGEN. Welch ein Wunder an Klang und Wandelbarkeit die Posaune ist, das erfuhren die Gäste im Reutlinger Jazzclub Mitte einmal mehr am Samstagabend, als Uli Gutscher dort mit seinem Quartett gastierte. Uli Gutschers Posaune kann singen, Klänge formen, schichten, kann kräftig, druckvoll, funky auftreten. Und Uli Gutschers Quartett bietet ein Programm, das all diese Spielarten nebeneinanderstellt, eine facettenreiche Reise durch die Welt der Jazzposaune.

An Gutschers Seite: Werner Acker an der Gitarre, am Kontrabass Thomas Krisch, hinterm Schlagzeug Herbert Wachter – vorzügliche Musiker, denen der Bandleader viel Raum gibt, die mit ihrem besonderen Spiel immer wieder hervortreten dürfen. In derselben Besetzung, um Tilman Jäger am Piano zum Quintett erweitert, nahm Uli Gutscher 2015 die CD »Abendrot« auf. Im Jazzclub Mitte nimmt er nun mitunter selbst am Piano Platz. Das Titelstück des Albums, ein musikalisches Gemälde, steht dabei ebenfalls auf dem Programm.

Mitreißender Groove

»Shuffle-Bone« ist eines der Stücke, in denen Uli Gutschers Posaune mit ihrem voluminösen, berstenden Klang einen Groove beginnt, mit mächtigem Schwung Melodien verfolgt, während Werner Acker klare funky Gitarrennoten dem jubilierenden Malstrom entgegensetzt. Gutscher spielt mit einem »Plunger«, einer runden Gummiklappe zum Abdecken des Schalltrichters der Posaune – er sieht der Saugglocke, die sich in vielen Haushalten findet, für den Fall einer Abflussverstopfung, nicht nur ähnlich. Uli Gutscher erbte seinen »Plunger« von einem Stuttgarter Kollegen, der später, wie er verrät, eine politische Laufbahn einschlug. »Shuffle-Bone« indes beginnt, ehe es in einen mitreißenden Groove ausbricht, als melodisches Klangspiel, in dem sich das alte Spiritual »Nobody Knows The Trouble I’ve Seen« versteckt.

So bewegen sich Uli Gutscher und sein Quartett zwischen vielen Polen – dem traumhaft mäandernden Piano-Jazz von »Thinking of You« mit seinem dezenten Latin-Rhythmus, dem wuchtigen, breiten »Cool & Hot« oder »Work it Out«, einem Stück, das von einer Komposition des Trompeters Ack van Rooyen inspiriert wurde und das Uli Gutscher im Jazzclub Mitte zum ersten Mal spielt.

Auf den Spuren von J. J. Johnson

»Lament« stammt von J. J. Johnson, einem Pionier der modernden Jazz-Posaune und einem von Uli Gutschers großen Vorbildern – ein ruhiges Stück, bei dem sich Intonation der Posaune und Gitarrenklang wiederum wunderbar kontrastieren, Werner Acker ein langes Solo spielt.

Ganz zuletzt, nach dem Jazz-Evergreen »Mo‘ Better Blues«, spielt das Quartett sehr sanft, sehr lyrisch ein Stück, das dem Jazz sonst eher fern liegt – Johannes Brahms‘ berühmtes Schlaflied »Guten Abend, gut‘ Nacht«. Danach kann es keine Zugabe mehr geben, es sei denn, die Zuhörer träumen von ihr. (GEA)