Zusammen spielten sie am Sonntagmorgen in der Matineenreihe im Studio der Württembergischen Philharmonie eine bestimmte Art von griechischer Volksmusik, die sich »Rembetiko« nennt. Und die hauptsächlich vom Klang des griechischen Lauteninstrumentes Bouzouki geprägt ist.
Ein Kammermusikensemble spielt Volksmusik? Kann ein solches Experiment gelingen? Darüber werden wohl nach diesem Matineekonzert letzten Sonntag im Studio der Württembergischen Philharmonie die Meinungen gespalten bleiben. Der begeisterte Applaus nach jedem Stück zeigt, dass dieser Cross-over auf Wohlgefallen stößt. Dennoch sagen einige im Publikum, dass sie das Original trotzdem besser finden. Der berühmte Sirtaki-Tanz von Mikis Theodorakis aus Michael Cacoyannis' Film »Alexis Zorbas« zum Beispiel ist in der Kammermusikbesetzung des Musica Varia Ensembles zwar immer noch mitreißend; dennoch scheint das »Kunstmusikalische« daran eher zu stören als zur Energie dieser Musik beizutragen.
Walser über Theodorakis
Das muss allerdings nichts Schlechtes heißen. Mikis Theodorakis hat selber dazu beigetragen, den Rembetiko salonfähig zu machen. Der deutsche Schriftsteller Martin Walser hat gerade das in seiner Musik bewundert. Im Vorwort zu einer Theodorakis-Biografie schreibt Walser: »Das ist immer eine Art Schönheitsgarantie, wenn eine Musik aus einer Folklore lebt, ohne in ihr unterzugehen.«Diese Schönheitsgarantie ist auch bei dem Konzert des Musica Varia Ensembles gegeben. Das Konzert lebt aus der griechischen Folklore; die Musiker spielen berühmte griechische Lieder wie »Die Jungs von Piräus – Ein Schiff wird kommen« von Manos Hatzidakis (auf griechisch: Ta pedia tou Pirea) oder die »Frau aus Syros« (Fragkosiriani) von Markos Vamvakaris. Weil die Musiker aber auf klassischen Instrumenten in klassischer Besetzung spielen, lösen sie sich zwangsläufig ein wenig von der Folklore, gehen also nicht in ihr unter. Und da hat Walser durchaus recht: Das ist wirklich schön.
Über den Tellerrand hinaus
Schön ist dabei, wie der Bouzouki-Spieler Nikos Hatziliadis mit dem klassischen Ensemble verschmilzt, wie harmonievoll und ausgeglichen das Zusammenspiel ist. Und auch, wie sich keiner aus dem Ensemble scheut, aus seiner Rolle als klassischer Musiker herauszutreten.So spielt der Cellist Martin Fuchs bei einigen Stücken auch die »Baglamas«, eine kleine Bouzouki, oder die Bratschistin Constanze Marggraf singt zusammen mit Hatziliadis einige Zeilen griechisch.
Zwar ist der Geist der Folklore durch solch einen Cross-over etwas verloren gegangen. Etwas aufgeben heißt hier aber, gleichzeitig etwas Neues dazuzugewinnen – nämlich Offenheit für andere Musikgenres und Mut, über den Tellerrand zu schauen. Und daraus resultiert garantiert Schönheit. (GEA)
