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Eröffnungskonzert der Jazz & Klassik Tage im Tübinger Sudhaus

Patrick Bebelaars Komposition "Pantheon" eröffnet am Samstag die Jazz & Klassik Tage im vollbesetzten Tübinger Sudhaus.

Pianist Patrick Bebelaar mit der Neuinterpretation von »Pantheon« im Sudhaus.
Pianist Patrick Bebelaar mit der Neuinterpretation von »Pantheon« im Sudhaus. Foto: Jürgen Spieß
Pianist Patrick Bebelaar mit der Neuinterpretation von »Pantheon« im Sudhaus.
Foto: Jürgen Spieß

TÜBINGEN. Ein Crossover-Schmankerl zwischen Bach, Jazz und Weltmusik eröffnete am Samstagabend die 27. Jazz & Klassik Tage im voll besetzten Tübinger Sudhaus: Der Kusterdinger Pianist Patrick Bebelaar, Bassklarinettist Frank Kroll, Bass-, Tuba- und Serpent-Spieler Michel Godard, Saxofonist Christoph Beck und Perkussionist Jarrod Cagwin präsentierten einen musikalischen Leckerbissen, bei dem nicht nur Jazz-, sondern auch Klassik- und Weltmusik-Freunde auf ihre Kosten kamen.

Als Vorlage diente Bebelaar sein 60-minütiges Werk »Pantheon«, ein Kompositionsauftrag der Internationalen Bachakademie Stuttgart aus dem Jahr 2005, das der Pianist neu bearbeitet hat und nun nach 20 Jahren als musikalisch-künstlerisches Statement wieder auf die Bühne bringt. Die Komposition, die Struktur und Stilmittel von Bachs h-Moll-Messe übernimmt, entwickelt sich mit leisen Pianotönen ganz langsam, schafft es aber, die lyrische Kraft des alten Meisters Johann Sebastian Bach mit der rhythmischen und harmonischen Formensprache des Jazz zu verschmelzen, mustergültig unterstützt von dem amerikanischen Perkussionisten und Rahmentrommler Jarrod Cagwin.

Arabische Einflüsse

Obwohl der Hauptteil des vom Verein »Jazz im Prinz Karl« ausgerichteten Eröffnungskonzerts mit nur einem einzigen Stück ausgefüllt ist, bietet es doch einen Abend der vielfältigen Kontraste. Einerseits geprägt von Bachs h-Moll-Messe, andererseits von weltmusikalisch beeinflusstem, geradezu ausuferndem Musizieren. Selten kommt es vor, dass klassische Musik, Jazz und Weltmusik mit arabischen Einflüssen auf derart einleuchtende Weise miteinander verwachsen sind. »Pantheon« ist ein hochkomplexes Werk, in dem sich mal eingängige, mal sperrige Jazzthemen mit wunderschönen Melodien aus anderen Weltreligionen und Kulturen vereinen.

Häufig sind es ausladende Improvisationen, die sich zu einem stimmigen Ganzen zusammenfügen. In einigen Passagen spielt der Franzose Godard auch auf einem E-Bass, und wenn er bei den beiden Zugaben »Natuschka« und »My Reflection In Your Eyes«, beides Liebeserklärungen an Bebelaars Ehefrau, das historische Instrument Serpent zur Hand nimmt, geht ein bewunderndes Raunen durchs Publikum. Mit diesem schlangenartigen Bass-Instrument, das mit einem Kesselmundstück geblasen wird, entwickelt Godard einen Klang, der zuweilen an den Ruf eines Muezzins erinnert. Das Publikum, durch solch opulente Vielfalt in Hochstimmung gebracht, applaudiert begeistert und hat eigentlich auch nach zwei Zugaben noch nicht genug.

Wunderliches Monstrum

Insgesamt rund 80 Minuten dauert diese Reise durch mehrere Kulturen, bei der Klavier, Bassklarinette, Sopransaxofon, Rahmentrommel und Tuba, dieses wunderliche Monstrum, ihre Möglichkeiten ausloten. Sicher ist: Mit Bebelaars Neuinterpretation von »Pantheon« ist die Musik des vor 275 Jahren verstorbenen Musikgenies Johann Sebastian Bach auch im Jazz und in der Weltmusik angekommen. (GEA)