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Entfaltung alter Schule

STUTTGART. Ulrich Tukur loben - das ist ungefähr so nötig wie der legendäre Transport von Eulen in die griechische Hauptstadt. Er sammelt seit den 1980er-Jahren Filmpreise, hat Grimmepreis und goldenen Bären und gilt als einer der besten seiner Schaupieler-Generation. Als hessischer Tatortkommissar spricht er neuerdings mit seinem Hirntumor namens Lilly. Und anders als bei anderen Mimen gehört bei ihm das Singen seit Jahren dazu: Mit seiner 1995 gegründeten Tanzkapelle »Ulrich Tukur und die Rhythmus-Boys« hat er fünf CDs veröffentlicht und tourt regelmäßig. Am Donnerstagabend war das Quartett im Stuttgarter Theaterhaus: ein Abend voll Augenzwinkern und Leichtigkeit.

Den schlecht sitzenden Anzug aufreizend falsch geknöpft, dazu ein paar berückend alberne Dressurnummern mit seinem mitgebrachten Hund: Bühnenprofi Tukur lacht sich sein überraschend reifes Publikum erst mal warm. Dann darf die Musik ihre Wirkung entfalten. Ausgesuchte Preziosen aus vergangenen Jahrzehnten, vornehmlich den 1920er- und 1930er-Jahren, die von den vier Herren liebevoll und tadellos dargeboten werden.

Sagenhafte Rhythmusboys

Der Name Rhythmusboys ist übrigens eine sagenhafte Untertreibung für das, was Ulrich Mayer, Günter Märtens und Kalle Mews da bieten: Die Begleitkapelle stemmt auch die harmonisch verschwurbeltsten Chorgesänge bravourös, hantiert kundig mit diversen Instrumenten, beherrscht ein enormes Repertoire an Tierstimmen und bringt mit Slapstick-Auftritten als dänische Akrobatentruppe »Die drei Pølser« die Damen im Publikum dazu, sich lautstark zu wünschen, sie hätten wasserfeste Wimperntusche verwandt.

Die glockenhelle Stimme Tukurs geht einem durch Mark und Bein - zumindest, wenn der Toningenieur ihr den Regler genügend aufdreht, was er in Stuttgart leider nicht immer tat. Wie auch Max Rabe näselt Tukur nach alter Schule, kann aber jederzeit ganz anders. So unterhaltsam und gleichermaßen kultiviert ist dieser Abend, dass man am Ende doch noch versucht wäre, Lobeshymnen anzustimmen. Sogar in Schwaben. (GEA)