Die Liedkunst findet heutzutage wenig Aufmerksamkeit, »leichte Kost« wird bevorzugt. Umso dankbarer sind Liebhaber dieser Kunstgattung, wenn sie Lieder auf hohem Niveau hören können, wie das bei diesem Konzert der Fall war. Die beiden Musikerinnen traten erstmals miteinander auf und hatten sich bereits erstaunlich gut aufeinander eingestellt.
Im Mittelpunkt des Konzertes standen sechs Lieder aus »Myrten«, op. 25, von Robert Schumann. Er schrieb diese Lieder als Hochzeitsgeschenk für seine Braut Clara. Starke Emotionen, tiefe Innigkeit (Widmung), Geheimnisvolles (Nussbaum), stimmungsvolle Bilder (Die Lotosblume) oder die großen Spannungsbögen (Du bist wie eine Blume), um einige der Lieder zu nennen, konnten die Künstlerinnen emotional aufs Publikum übertragen - atemlose Stille vor dem Applaus.
Eingerahmt wurde dieser Mittelteil von fünf Liedern Wolfgang Amadeus Mozarts. Nach »Un moto di gioia«, »Ridente la calma« und »Dans un bois solitaire«, die verständlich in den Originalsprachen gesungen wurden, folgten »Abendempfindung« und »als Luise die Briefe ihres ungetreuen Liebhabers verbrannte«. In dieser Gruppe waren der Dramatiker und Lyriker Mozart gleichermaßen vertreten.
Opernhafte Dramatik
Die leidenschaftliche Dramatik der Opernsängerin Anna di Mauro ist nicht zu überhören, die Pianistin war die ebenbürtige Mitgestalterin in allen Gefühlslagen der Lieder.Die letzte Gruppe brachte fünf Lieder von Gabriel Fauré, ebenfalls in der Originalsprache gesungen. In »Dans les ruines d’une abbaye« hörte man leuchtende Höhen, gelungene Schattierungen und feine Dynamik in »Nell«, eine ganz neue Farbe in »Mandoline«, um abschließend in »Toujours« die Stimme nochmals in große Dramatik zu steigern. Judit Ferrer war wieder die souveräne Partnerin am Klavier, alle Aussagen in ihrer Partitur ausschöpfend, ohne die Sängerin jemals zuzudecken. Das Publikum dankte mit herzlichem Beifall. (D.G.)